Kreatin-Timing: Wie wichtig ist der Einnahmezeitpunkt wirklich?
Leila WehrhahnAktualisiert:Konstanz schlägt Timing: Nimm 3–5 g Kreatin-Monohydrat täglich ein. Wenn du trainierst, kann die Einnahme nach dem Workout mit einer Mahlzeit praktisch sein – der entscheidende Hebel ist aber, keine Tage zu verpassen.
- Die beste Zeit für Kreatin ist die Zeit, die du nie vergisst.
- Dosis: 3–5 g Kreatin-Monohydrat täglich; Laden ist optional.
- Bei Krafttraining: praktisch nach dem Training mit Protein/Kohlenhydraten; möglicher kleiner Vorteil.
- Für Longevity zählen Monate der Konstanz plus progressives Krafttraining.
Morgens, vor dem Training oder abends – spielt der Zeitpunkt bei Kreatin wirklich eine Rolle? Hier kommt die klare Antwort für Deutschlands gesundheits- und leistungsbewusste Leserinnen und Leser – mit direkten Routinen für den Alltag.
Der Longevity-Fall für Kreatin (über Bodybuilding hinaus)
Kreatin (meist als Kreatin-Monohydrat) ist eine körpereigene Substanz, die aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin gebildet wird. Über die Nahrung stammt es vor allem aus Fleisch und Fisch. Im Muskel- und Nervengewebe puffert das Phosphokreatin-System die Energieversorgung bei kurzen, intensiven Belastungen. Zahlreiche Studien zeigen: Kreatin steigert Kraft und Schnellkraft und unterstützt in Kombination mit Krafttraining den Aufbau fettfreier Masse. Für das gesunde Altern ist besonders relevant: Kreatin kann zusammen mit Widerstandstraining dem altersbedingten Muskelverlust (Sarkopenie) entgegenwirken und damit Mobilität und funktionale Selbstständigkeit erhalten. Erste Evidenz deutet zudem auf situationsabhängige kognitive Vorteile hin – etwa unter Schlafmangel oder hoher mentaler Belastung –, wobei die Effekte moderat und kontextabhängig sind (ISSN-Positionspapier 2017; Meta-Analyse ältere Erwachsene; Systematische Übersichtsarbeit zu Kognition 2025; RCT Schlafentzug).
Kreatin wirkt zuverlässig für Kraft und Muskelmasse – vor allem zusammen mit Krafttraining. Kognitive Effekte sind möglich, aber eher fein und abhängig von Kontexten wie Schlafmangel.
So wirkt Kreatin im Körper (warum Timing oft zweitrangig ist)
Nach der Einnahme wird Kreatin im Dünndarm resorbiert und via Blut zu Muskel- und Nervenzellen transportiert. Die Aufnahme in die Zelle erfolgt über den Kreatin-Transporter (SLC6A8). Entscheidend ist die Sättigung der Speicher: Sind Muskel- (und teilweise Gehirn‑)Speicher aufgefüllt, bestimmt vor allem die tägliche Gesamtdosis die Effekte – nicht die Uhrzeit. Es gibt zwei Wege zur Sättigung: ein Ladeprotokoll (z. B. 20 g/Tag in 4 Gaben über 5–7 Tage) mit schnellerem Anstieg oder eine tägliche Niedrigdosis (3–5 g/Tag), die binnen ca. 3–4 Wochen zur vollen Sättigung führt (Hultman et al., 1996).
Ist der Speicher voll, zählt die tägliche Einnahme mehr als die genaue Uhrzeit. Laden füllt schneller, 3–5 g täglich füllt langsamer – am Ende kommst du ähnlich ins Ziel.
Timing-Hypothesen – und was Studien wirklich zeigen
- Vor vs. nach dem Training: Studien zeigen gemischte, meist kleine Unterschiede. Ein früher Versuch fand einen möglichen Vorteil post-Workout (Antonio & Ciccone, 2013), andere RCTs – u. a. bei älteren Erwachsenen – fanden keinen Unterschied zwischen „vor“ und „nach“ (Candow et al., 2014; EJAP 2014; Within-Subject 2021). Fazit: Wenn überhaupt, ist der Vorteil klein; praktischer ist „nach dem Training mit Shake/Mahlzeit“.
- Mit Mahlzeiten vs. nüchtern: Große Kohlenhydrat- oder Mischmahlzeiten erhöhen Insulin; unter hohen Insulinspiegeln wird die Kreatinretention im Muskel beim Loading verbessert (Green et al., 1996; Insulinklammer-Studie 1998). Im Alltag reicht jedoch die Tagesdosis – nimm es so, wie du es am besten verträgst.
- Split-Dosing: Geteilte Gaben (z. B. 2–3 g morgens + 2–3 g abends) können die Magen-Darm-Verträglichkeit verbessern. Für die Wirkung zählt die Gesamtdosis.
Konstanz schlägt Timing. Wenn ein fixierter Zeitpunkt dir hilft, keine Dosis zu verpassen, ist das dein bester Zeitpunkt (ISSN-Positionspapier; Übersicht zum Timing 2021).
Studien: Pre vs. Post macht wenig Unterschied. Mit Mahlzeit oft angenehmer für den Magen. Wichtig ist, dass du es täglich nimmst.
Praxis vor Perfektion: Dosisprotokolle nach Ziel/Person
- Strength/Hypertrophie (trainierte Erwachsene): 3–5 g/Tag. Optionales Laden: 20 g/Tag (4×5 g) für 5–7 Tage, dann 3–5 g/Tag. Timing flexibel; praktisch nach dem Training mit Protein/Carbs (ISSN).
- Longevity & allgemeine Gesundheit (Nicht-Athlet:innen): 3 g/Tag zu einer Hauptmahlzeit; Fokus auf Konstanz. Kein Laden nötig.
- Ältere Erwachsene (60+) mit Start ins Krafttraining: 3–5 g/Tag mit Mahlzeiten; 2–3×/Woche progressives Krafttraining. Timing relativ zum Training ist nachrangig; wichtig sind Trainingsumfang und Regelmäßigkeit (Meta-Analyse; EFSA-Health-Claim >55 J.).
- Pflanzenbasiert/geringer Fleischkonsum: Häufig starke Responder; gleiche Dosierung. Bei sensibler Verdauung Dosis aufteilen.
- Kognitiver Fokus (Studierende, Wissensarbeit): 3–5 g/Tag zur gleichen Tageszeit (z. B. Frühstück). Erwarte subtile Effekte; spürbarer unter Schlafmangel/hoher Last (Frontiers in Nutrition 2025; JISSN RCT).
Beispiele aus dem Alltag:
Sabine, 62, startet mit 3 g täglich zum Frühstück und geht 2–3×/Woche ins Geräte-Krafttraining. Nach 12 Wochen spürt sie mehr Standfestigkeit im Alltag.
Tobias, 38, nimmt 5 g direkt nach dem Training im Studio mit seinem Whey-Shake. Der feste Ablauf hilft ihm, keine Dosen zu vergessen.
Loading vs. kein Loading – was passt zu dir?
- Loading: schnelle Sättigung in etwa 1 Woche; etwas häufiger vorübergehende Magen-Darm-Beschwerden.
- Kein Loading: volle Sättigung nach ~3–4 Wochen mit 3–5 g/Tag; oft besser verträglich (Hultman 1996).
Für die meisten Longevity-Ziele reicht ohne Loading. Bei kurzfristigen Leistungsdeadlines (z. B. Wettkampf) kann ein smartes, aufgeteiltes Loading mit Mahlzeiten sinnvoll sein.
Womit einnehmen – und was besser trennen?
- Gut kombinierbar: Protein- oder Mischmahlzeiten; normale Flüssigkeitszufuhr. Insulinspitzen durch größere Kohlenhydratmengen können im Loading die Speicherung erhöhen – im Alltag ist das nicht nötig (Green 1996; AJP Endocrinol. 1998).
- Koffein: Langfristig wird Kreatin dadurch nicht zuverlässig „ausgebremst“. Ergebnisse sind gemischt: einzelne ältere Studien zeigten Interferenzen, neuere Reviews sehen v. a. bei gleichzeitigem Laden potenzielle Wechselwirkungen; praktisch zählt Verträglichkeit (Vandenberghe 1996; Systematische Übersichtsarbeit 2022).
- Natrium/Elektrolyte: kein Extra-Natrium erforderlich; normale Ernährung/Hydrierung genügt.
- Alkohol: kann Trainingsanpassungen konterkarieren; möglichst trennen.
Sicherheit, Nebenwirkungen & wer aufpassen sollte
- Sicherheitsprofil: In gesunden Erwachsenen belegen Langzeitdaten die Sicherheit bei 3–5 g/Tag; häufigste Nebenwirkungen sind leichte, vorübergehende Gewichtszunahme (intrazelluläres Wasser) und gelegentliche GI-Beschwerden, die sich durch Einnahme mit Mahlzeiten oder Split-Dosing reduzieren lassen (ISSN-Positionspapier).
- Kontraindikation/Vorsicht: Bei bestehender Nierenerkrankung oder Einnahme nierenspezifischer Medikamente: ärztlich abklären. In Schwangerschaft/Stillzeit liegen zu wenig Daten vor – nur nach ärztlicher Empfehlung.
- Haarausfall/DHT: Es gibt keinen belastbaren Nachweis, dass Kreatin Haarausfall verursacht; eine aktuelle 12‑Wochen‑RCT fand keine Veränderungen von DHT oder Haarparametern durch 5 g/Tag Kreatin (RCT 2025).
- Qualität: Achte auf geprüftes Kreatin-Monohydrat. Creapure® wird in Deutschland hergestellt und ist breit drittanbieter‑geprüft (Creapure – was ist das?; AlzChem Markenübersicht).
Spezielle Situationen – schnelle Antworten
- Fasten/Intervallfasten: Erlaubt; bei empfindlichem Magen mit erster Mahlzeit einnehmen.
- Abends & Schlaf: Neutral; falls es den Magen stört, früher einnehmen. Unter Schlafmangel wurden in Studien teils kognitive Vorteile beobachtet (JISSN RCT).
- Trainingsfreie Tage: Ja, weiter täglich nehmen – Sättigung ist das Ziel.
- Jugendliche Athlet:innen: Unter fachlicher Begleitung, adäquater Ernährung und Training meist sicher; Gesundheitsfachkraft einbinden (ISSN).
- Ältere Erwachsene >55: EFSA erkennt den Nutzen von 3 g/Tag in Kombination mit regelmäßigem Widerstandstraining für Kraftzuwächse an (EFSA 2016).
Dein 2‑Minuten‑Aktionsplan (DE)
- Produkt wählen: Kreatin-Monohydrat (idealerweise Creapure®), 500 g–1 kg Dose – gutes Preis‑Leistungs‑Verhältnis (Qualitätskriterien).
- Dosis: 3–5 g pro Tag, jeden Tag.
- Timing: Wähle einen Zeitpunkt, den du nicht vergisst; bei Krafttraining oft post‑Workout mit Shake/Mahlzeit praktisch.
- Tracking: 8–12 Wochen Training & Einnahme protokollieren; beobachte Kraft, Körperzusammensetzung oder funktionale Tests (z. B. Aufstehen‑ohne‑Hilfe).
- Feintuning: Bei Magenproblemen Dosis aufteilen, mit Mahlzeit einnehmen, ausreichend trinken.
- Die beste Zeit ist die Zeit, die du einhältst.
- 3–5 g Kreatin-Monohydrat täglich; Laden optional.
- Post‑Workout mit Mahlzeit ist praktisch und möglicherweise leicht vorteilhaft.
- Für gesundes Altern zählen Monate der Konstanz plus progressives Krafttraining.
Compliance: Keine medizinische Beratung. Bei Nierenerkrankungen, Schwangerschaft/Stillzeit oder Medikamenteneinnahme ärztlich abklären.