Kreatin und sportliche Leistungsfähigkeit: Die wegweisenden Studien im Überblick

Leila WehrhahnAktualisiert:

Warum dieser Artikel?

Kreatin-Monohydrat ist das weltweit am besten untersuchte Performance‑Supplement – mit konsistenten Vorteilen für kurze, hochintensive Belastungen und für Kraft- und Muskelaufbau im Training. In diesem Artikel destillieren wir die Meilenstein‑Studien, die diesen Status begründet haben, und übersetzen sie in konkrete Entscheidungen: Dosierung, Timing, wer am meisten profitiert, Sicherheit, Qualität nach deutschen Standards (Kölner Liste) und Rechtssicherheit nach WADA/NADA. Eine aktuelle Konsens‑Stellungnahme bestätigt: Kreatin-Monohydrat ist das wirksamste, zugleich sehr gut erforschte Ergogenikum für hochintensive Leistungen und magere Körpermasse. ISSN Position Stand 2017.

🔍 Kurz zusammengefasst

Kreatin ist gut belegt, wirksam und sicher. Unten findest du die Schlüsseldaten – plus klare Handlungsanweisungen für Training und Wettkampf.

Was Kreatin im Körper macht – in einem Absatz

Bei kurzen, intensiven Anstrengungen liefert das Phosphokreatin‑System schnell Energie, indem es ATP rasch regeneriert. Größere intramuskuläre Kreatin‑ und Phosphokreatin‑Speicher bedeuten: mehr Wiederholungen bei schweren Sätzen, bessere Wiederholsprints und schnelleres Erholen zwischen Belastungen. Mehr dazu in unserer vertiefenden Erklärung zu ATP‑Recycling und zellulärer Energie.

Meilenstein‑Zeitleiste: Studien, die die Praxis verändert haben

  • 1992 — Harris, Söderlund & Hultman (Clinical Science): Mehrtägige Supplementierung erhöhte in Muskelbiopsien signifikant Gesamtkreatin/Phosphokreatin – die biochemische Grundlage für spätere Performance‑Arbeiten. Originalartikel.
  • 1993 — Greenhaff et al. (Clinical Science): 5‑Tage‑Loading verbesserte Drehmoment/Arbeit bei wiederholten Maximal­kontraktionen – frühe Übersetzung höherer Speicher in bessere Wiederhol‑Leistung. Studie.
  • 1996 — Hultman et al. (J Appl Physiol): „Creatine loading“ kodifiziert: ≈20 g/Tag für 5–6 Tage, dann Erhalt – robuste Muskel‑Sättigung. Studie.
  • 1996 — Green et al. (AJP‑Endocrinol Metab): Co‑Einnahme von hochglykämischen Kohlenhydraten erhöhte die Muskel‑Kreatin‑Akkumulation um ≈60 % vs. Kreatin allein (insulinvermittelt). Paper‑TOC und Abstract.
  • 1997 — Vandenberghe et al. (J Appl Physiol): Frauen: 10 Wochen Krafttraining + Kreatin steigerten Kraft, intermittierende Kapazität und FFM stärker als Placebo. Ausgabe mit Studie.
  • 1998 — Kreider et al. (MSSE): NCAA‑Football, doppelblind: 28 Tage Kreatin während Training verbesserten Körperzusammensetzung, Trainingsvolumen und Sprintleistung vs. KH‑Placebo. Studie.
  • 1999 — Volek et al. (MSSE): 12 Wochen schweres Training + Kreatin führten zu größeren Kraft‑ und FFM‑Zuwächsen sowie Muskelfaser‑Hypertrophie vs. Placebo. Studie.
  • 2003 — Branch Meta‑Analyse (IJSNEM): Signifikante kleine‑bis‑moderate Effekte auf FFM und hochintensive Performance; begrenzter Nutzen für Feldlauf/Schwimmen. Meta‑Analyse.
  • 2017 — ISSN Position Stand: Umfassender Expertenkonsens: Kreatin‑Monohydrat ist das effektivste, am besten untersuchte Ergogenikum für hochintensive Leistungen/Lean Mass; starkes Sicherheitsprofil. Volltext.
  • 2017 — Chilibeck et al. (Meta, ältere Erwachsene): Mit Krafttraining steigert Kreatin Kraft und FFM – relevant für Healthy‑Aging. Meta‑Analyse.
  • 2022–2023 — „Form Wars“: Systematische Reviews/Kritische Appraisals: Keine Form übertrifft Monohydrat bei Aufnahme/Performance; Monohydrat bleibt Standard. Systematic Review 2022, Critical Review 2022.
  • 2024 — Kreatin mit Koffein/Bicarbonat: Endurance‑trainierte: Kreatin ↑ Sprintpower, Koffein ↑ 6‑Min‑Time‑Trial; gemeinsam kein Add‑on. Studie.

Wobei Kreatin klar hilft – und wo die Grenzen liegen

  • Stark belegt: kurze, maximale Einsätze; wiederholte Sprints; mehr Wiederholungen in Multi‑Satz‑Krafttrainings; schnellere Kraft‑ und FFM‑Zuwächse mit Training. MSSE 1999, PubMed, Branch 2003.
  • Gemischt/limitiert: reine Ausdauer‑Outcomes oder lange „steady state“‑Events; teils metabolische Veränderungen (↑Glykogen, ↑Plasmavolumen), aber kein klarer Finish‑Sprint‑Vorteil. Road‑Race‑Simulation 2010.
  • Teamsport: kleine, aber sinnvolle Verbesserungen bei Wiederholsprints (z. B. Fußball, Handball) und spätem Power‑Erhalt. Fußball, Handball.

Wer profitiert am meisten?

  • Athletinnen und Athleten mit hochintensiven, intermittierenden Belastungen (Kraft, HIIT, CrossFit, Ballspiele).
  • Geringe Ausgangsspeicher: Vegetarier/Veganer laden Muskelkreatin stärker auf und zeigen oft größere Trainingsantworten. Studie bei Vegetariern.
  • 50+ mit Krafttraining: zusätzliche Kraft/FFM‑Zuwächse und funktionelle Benefits. Meta‑Analyse Ältere.

Dosierung, die den Studien entspricht

Load fast or slow? Genau wann welche Strategie

  • Schnelles Laden: 20 g/Tag (4×5 g) für 5–7 Tage, danach 3–5 g/Tag Erhalt. Schnellste Sättigung – die datenreichste Route. Hultman‑Protokoll.
  • Langsames Laden: 3–5 g/Tag; Sättigung nach ~3–4 Wochen; langfristig ähnliche Ergebnisse.
  • Uptake‑„Booster“ (optional): Co‑Einnahme mit ~50 g Protein + ~50 g Kohlenhydrat steigert Retention ähnlich wie ~100 g Kohlenhydrat allein (insulinvermittelt). Für „Low‑Responder“ nützlich, nicht Pflicht. Protein+KH‑Studie, CHO‑Insulin‑Studie.
  • Timing: Gesamt‑Tagesdosis zählt am meisten; Post‑Workout könnte in manchen Kontexten leicht vorteilhaft sein, hat aber niedrige Priorität. Timing‑Studie.
  • Hydration & Gewicht: +0,5–1,5 kg zu Beginn sind normal (v. a. Wasser/FFM) und meist neutral bis positiv für Leistung. Ausreichend trinken. TBW‑Studie im Fußball.

Sicherheit, Legalität und Qualität in Deutschland

Sicherheit: Jahrzehnte Daten zeigen bei gesunden Personen keine relevanten Nieren‑Nebenwirkungen bei Standarddosierung (auch bei monatelanger Anwendung und mit gemessenem GFR). Bei Nierenerkrankung: ärztlich abklären. Siehe u. a. Poortmans 1999 und eine GFR‑gemessene RCT bei Krafttrainierenden mit hoher Proteinzufuhr (JISSN 2013).

Krampf/Hitze: 3‑Saisons‑NCAA‑Datensatz: keine erhöhte Rate an Krämpfen/Verletzungen bei Kreatin‑Nutzer:innen. Studie.

WADA/NADA: Kreatin ist erlaubt und steht nicht auf der WADA‑Verbotsliste (Liste 2025 in Kraft seit 1. Januar 2025). WADA‑Mitteilung.

Produktqualität (DE‑spezifisch): Bevorzuge Kreatin‑Monohydrat mit dokumentierter Reinheit; prüfe Einträge auf der Kölner Liste (unabhängige Tests, minimiertes Dopingrisiko; Hinweis: kein Garantiesiegel). Für Nachverfolgbarkeit und Chargenprüfung ist Creapure (deutsche Herstellung) eine etablierte Option.

🔍 Kurz zusammengefasst

Für Gesunde ist Kreatin gut verträglich; bei Nierenerkrankung bitte ärztlich klären. Es ist WADA‑konform. Achte in Deutschland auf geprüfte Monohydrat‑Produkte (z. B. Kölner Liste, Creapure).

Feinheiten und Mythen – kurz beantwortet

  • Dehydriert/Krampf‑Risiko“? Von kontrollierten Studien nicht gestützt; normale Flüssigkeitszufuhr reicht. NCAA‑Daten.
  • Nur für Kraft, nicht für Ausdauer“? Reine Ausdauerziele bleiben gemischt, aber wer wiederholt sprinten/attackieren muss, profitiert oft – das geringe Anfangs‑Mehrgewicht muss gegen Sprint‑Power abgewogen werden. Cycling‑Simulation.
  • Andere Formen sind besser“? Für Aufnahme oder Performance hat keine Form Monohydrat konsistent übertroffen; oft teurer, mit weniger Evidenz. Systematic Review 2022, Kritische Übersichtsarbeit.
  • Koffein killt Kreatin“? Eine ältere Laborstudie zeigte Aufhebungen in spezifischen Tests; aktuelle Daten zeigen keine konsistente „Neutralisierung“, aber additive Effekte sind nicht garantiert. Praktisch: Bei sensiblen Tests hohe Koffeinmengen vom Testtag trennen. J Appl Physiol 1996, Endurance‑Studie 2024.

Vom Paper ins Training: 5 Schritte für Athletinnen, Teams und Coaches

  1. Plan wählen: Brauchst du schnelle Sättigung (Wettkampfphase) → Ladeprotokoll; Off‑Season → 3–5 g/Tag. (Siehe Dosierung oben.)
  2. Richtig kaufen: Kreatin‑Monohydrat‑Pulver; bei organisiertem Sport Charge auf der Kölner Liste prüfen; deutsche, reinheitsgeprüfte Optionen erwägen.
  3. Täglich dosieren: 3–5 g mit einer beliebigen Mahlzeit; Konstanz > Timing. Optional: ~50 g KH + ~50 g Protein bei „Low‑Responder“. Evidenz zur Co‑Einnahme.
  4. Tracken: Körpermasse (+0,5–1,5 kg anfangs normal), Wiederholsprint‑Tests, Kernlifts, subjektive Erholung. TBW‑Daten.
  5. Review nach 8–12 Wochen: Kein Benefit? Adhärenz prüfen, Co‑Einnahme erwägen, oder pausieren.

Praxishinweise

Für Vegetarier/Veganer

Erwarte größere Anstiege der Muskel‑Kreatinspeicher und oft stärkere Trainingsantworten. Nach Loading reichen 3–5 g/Tag. Studie.

Masters Athletes (50+)

Kombiniere Kreatin mit progressivem Krafttraining für Kraft, Funktion und Autonomie – passend zu Longevity‑Zielen. Meta‑Analyse.

Team‑Sport Woche (Praxis‑Plan)

Montag–Freitag: 4×5 g/Tag; Samstag: 5 g morgens; Spieltag: 3–5 g zum Frühstück. Danach 3–5 g/Tag Erhalt bis Saisonende.

Qualitäts‑Checkliste

  • Monohydrat?
  • Drittanbieter‑getestet/Chargennummer klar?
  • Auf der Kölner Liste gelistet?
  • Transparenter Lieferant (z. B. deutsche Herstellung/Creapure)?

FAQ

Muss ich Kreatin zyklisieren?

Nein. Viele Athletinnen und Athleten nutzen nach der Sättigung eine kontinuierliche Erhaltungsdosis von 3–5 g/Tag.

Ist das Timing wichtig?

Die Tagesgesamtmenge ist am wichtigsten. Post-Workout kann in manchen Kontexten leicht im Vorteil sein, hat aber geringe Priorität.

Mit heißem oder kaltem Getränk mischen?

Beides ist möglich. Wichtig ist vollständiges Auflösen.

Macht Kreatin Wassergewicht?

Anfangs häufig +0,5–1,5 kg durch vermehrtes intrazelluläres Wasser/FFM. Für Performance meist neutral bis positiv; in Gewichtsklassen individuell steuern.

Ist Kreatin für getestete Athleten erlaubt?

Ja. Kreatin steht nicht auf der WADA-Verbotsliste (Liste 2025 in Kraft). Prüfe ergänzend produktbezogene Risiken über die Kölner Liste.

Wie wir diesen Artikel überprüft haben:

Quellen

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