Shilajit und Antidiabetika (Insulin, Metformin, Sulfonylharnstoffe)
Leila WehrhahnAktualisiert:Shilajit ist ein traditionelles ayurvedisches Naturprodukt aus huminstoffreichen Harzen, das in Europa zunehmend als Nahrungsergänzung verwendet wird. Es enthält u. a. Fulvo- und Huminsäuren sowie Dibenzo-α-Pyrone. Präklinische Daten deuten auf blutzuckersenkende Effekte hin – genau hier entsteht das Risiko einer Wechselwirkung mit Antidiabetika. Besonders bei Insulin und Sulfonylharnstoffen kann die zusätzliche Blutzuckersenkung durch Shilajit zu Hypoglykämien führen. Zudem variieren Qualität und Reinheit von Shilajit-Produkten; einzelne Proben enthielten erhöhte Schwermetallgehalte. (1,2)
Eine allgemeine Übersicht der möglichen Effekte finden Sie in unserem Beitrag Shilajit Wirkung.
Mechanismus der Wechselwirkung
Shilajit kann über mehrere Wege in den Glukosestoffwechsel eingreifen. Tierexperimentell wurden u. a. eine Verbesserung der Insulinsensitivität und eine Senkung des Nüchternblutzuckers beobachtet. In einem Rattenmodell verstärkte Shilajit (100 mg/kg) die glukosesenkende Wirkung des Sulfonylharnstoffs Glibenclamid und steigerte auch in Kombination mit Metformin die Blutzuckersenkung – ein deutlicher Hinweis auf additiv-synergistische Effekte. Überträgt man dieses Prinzip auf den Menschen, ist ein erhöhtes Hypoglykämierisiko bei gleichzeitiger Einnahme von Shilajit mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen plausibel. (3)
Nach aktuellen Leitlinien treten klinisch relevante Hypoglykämien vor allem bei Therapien mit Insulin, Sulfonylharnstoffen oder Meglitiniden auf; das Risiko ist höher, wenn Wirkstoffe kombiniert werden. (4)
Shilajit kann die Wirkung von Insulin und Sulfonylharnstoffen verstärken – das erhöht das Hypoglykämie-Risiko.
Klinische Evidenz
Präklinische Daten
Mehrere Tierstudien berichten blutzuckersenkende Effekte von Shilajit. In einem alloxaninduzierten Diabetes-Rattenmodell senkte Shilajit dosisabhängig den Blutzucker und verstärkte die Wirkung von Glibenclamid und Metformin. (3)
In einem weiteren Modell (NAFLD-Ratten) reduzierte Shilajit nach zwei Wochen Gabe sowohl Nüchtern-Glukose als auch HOMA-IR (Insulinresistenz-Index) und modulierte entzündliche Zytokine und Adipokine. Diese Effekte deuten auf eine Insulinsensitivitäts-Verbesserung hin. (5)
Humanstudien
Direkte, hochwertige Humanstudien zur Blutzuckerkontrolle mit Shilajit als Monosupplement fehlen. Ein randomisiertes, placebokontrolliertes Studiendesign zu einer Kombinationsformulierung (Chrom, Phyllanthus emblica und geringe Shilajit-Mengen) zeigte Hinweise auf Verbesserungen u. a. der Insulinsensitivität. Aufgrund der Kombinationsform und der sehr niedrigen Shilajit-Dosis ist der Effekt jedoch nicht eindeutig Shilajit zuzuschreiben. (6)
Insgesamt stützt die Evidenz die Möglichkeit einer zusätzlichen Blutzuckersenkung, bleibt beim Menschen jedoch begrenzt. Für die Praxis bedeutet das: Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme mit Antidiabetika, insbesondere Insulin und Sulfonylharnstoffen.
Tierdaten zeigen klare Effekte, Human-Daten sind begrenzt. Klinisch ist trotzdem Vorsicht geboten.

Shilajit Kapseln
Risikobewertung
Das Interaktionsrisiko ist abhängig vom Antidiabetikum und individuellen Faktoren:
Medikamentenklasse | Mechanismus | Hauptrisiko | Interaktionsschwere | Empfehlung |
---|---|---|---|---|
Insulin | Additive Blutzuckersenkung | Hypoglykämie | Hoch | Nur unter ärztlicher Kontrolle; engmaschige Glukosemessungen; ggf. Dosisanpassung |
Sulfonylharnstoffe (z. B. Glibenclamid, Glimepirid) | Stimulation der Insulinsekretion; Verstärkung durch Shilajit möglich | Hypoglykämie | Hoch | Meiden oder nur ärztlich überwacht; Hypoglykämie-Aufklärung; häufiges SMBG/CGM |
Metformin | Verminderte hepatische Glukoseproduktion, erhöhte Insulinsensitivität | Eher geringes Hypoglykämierisiko als Monotherapie | Niedrig–mittel (bei Kombinationstherapien höher) | Vorsicht, v. a. bei Kombination mit Insulin/SU; Werte monitoren |
Leitlinien betonen: Klinisch relevante Hypoglykämien betreffen vor allem Insulin- und Sulfonylharnstofftherapien; Kombinationstherapien erhöhen das Risiko zusätzlich. (4)
Unabhängig von der Glykämie ist die Produktsicherheit relevant: Reviews und Analysen berichten uneinheitliche Qualität und teils erhöhte Gehalte an Blei, Arsen oder Quecksilber in Shilajit-Proben – ein wichtiges Sicherheitsargument gegen unkontrollierte Selbstmedikation. (1,2)
Praktische Empfehlungen
- Arztgespräch vor Beginn: Besprechen Sie geplante Shilajit-Einnahme explizit, wenn Sie Insulin, Metformin oder Sulfonylharnstoffe verwenden.
- Baseline und Monitoring:
- Starten Sie mit dokumentierten Nüchtern- und postprandialen Werten (z. B. 7–10 Tage Tagebuch).
- Nach Beginn: in den ersten 2–4 Wochen täglich Nüchtern- und postprandiale Messungen; bei Insulin/SU zusätzlich vor dem Schlafen. CGM kann hilfreich sein.
- Hypoglykämie-Zeichen kennen: Zittern, Schwitzen, Heißhunger, Schwindel, Verwirrtheit.
- Dosis und Timing:
- Wenn überhaupt, nur mit der niedrigsten vom Hersteller empfohlenen Dosis beginnen. Eigene Dosierungsexperimente vermeiden.
- Ein zeitlicher Abstand von 2–3 Stunden zu Antidiabetika kann Spitzenüberlappungen verringern, ersetzt aber kein Monitoring.
- Bei wiederholten Werten <70 mg/dl (3,9 mmol/l): Shilajit absetzen und Antidiabetika-Dosis mit dem Arzt prüfen.
- Produktqualität:
- Nur gereinigte, standardisierte Produkte mit Prüfzertifikat (z. B. Schwermetall- und Mikrobiologie-Prüfung) wählen. (1,2)
- Schwangere, Stillende, Personen mit Nierenerkrankungen oder unklaren Leberwerten sollten Shilajit meiden.
- Alternativen erwägen: Bei Wunsch nach „natürlicher“ Unterstützung ist eine ärztlich gesteuerte Ernährungs- und Bewegungsstrategie die sicherste Option; bestimmte, gut untersuchte Nahrungsergänzungen können je nach Situation infrage kommen – immer ärztlich abstimmen.
Vertiefende Informationen zu Sicherheit und Wechselwirkungen: Shilajit Wechselwirkungen und Shilajit Nebenwirkungen.
Nur nach ärztlicher Rücksprache nutzen, niedrig dosieren, engmaschig messen, bei Hypoglykämien sofort pausieren.
Fazit
Shilajit kann blutzuckersenkend wirken und dadurch die Effekte von Insulin und Sulfonylharnstoffen verstärken – mit entsprechend erhöhtem Hypoglykämierisiko. Human-Daten sind begrenzt, präklinische Befunde und Leitlinienlogik sprechen jedoch für Zurückhaltung und engmaschiges Monitoring, insbesondere zu Therapiebeginn und bei Kombinationen. Setzen Sie auf geprüfte Qualität, stimmen Sie die Einnahme mit Ihrem Behandlungsteam ab und priorisieren Sie bewährte Maßnahmen wie Ernährung, Bewegung und leitliniengerechte Medikation. (3,4)
Medizinischer Haftungsausschluss
Wichtiger Hinweis: Diese Informationen ersetzen keine professionelle medizinische Beratung. Konsultieren Sie vor der Einnahme von Shilajit zusammen mit Antidiabetika (Insulin, Metformin, Sulfonylharnstoffe) immer Ihren Arzt oder Apotheker. Jeder Organismus reagiert unterschiedlich auf Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente.