Resveratrol: Mögliche Nebenwirkungen und Gegenanzeigen – was Sie wissen sollten
Leila WehrhahnAktualisiert:Szenario: Sie denken über Resveratrol für gesundes Altern nach – dann lesen Sie, es könne das Blut “verdünnen” und den Spiegel bestimmter Medikamente verändern. Was ist belegt, was ist Gerücht? In diesem kompakten, evidenzbasierten Leitfaden finden Sie die wichtigsten Fakten zu Resveratrol Nebenwirkungen, Resveratrol Wechselwirkungen und Kontraindikationen – plus eine druckbare Safe‑Use‑Checkliste.
Quick takeaways (für Eilige)
- Häufigste Nebenwirkungen bei höheren Dosierungen (≥1 g/Tag): Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall und Blähungen; gelegentlich Kopfschmerz/Müdigkeit. Risiko nimmt mit der Dosis zu. Quelle: Mehrfachdosis-Studie in gesunden Freiwilligen.
- Klinisch relevante Wechselwirkungen möglich: Bei 1 g/Tag über 4 Wochen hemmte Resveratrol CYP3A4, CYP2D6, CYP2C9 und induzierte CYP1A2 beim Menschen – Arzneispiegel können steigen oder sinken. Quelle: Humanstudie zu CYP‑Enzymen.
- Blutungsrisiko: Antiplättchen-Effekte in Labor-/Ex-vivo-Arbeiten; Risiko besonders bei Antikoagulanzien/Antiplättchenmitteln erhöht – mit Arzt/Apotheker besprechen. Quelle: MSKCC-Steckbrief Resveratrol.
- Schwangerschaft/Stillzeit: Mangels Sicherheitsdaten Supplemente meiden; Primatendaten deuten potenzielle fetale Risiken an; Rotwein ist keine Quelle in Schwangerschaft/Stillzeit. Quellen: Primate-Studie in der Schwangerschaft, LactMed-Eintrag.
- EU‑Kontext: Die EFSA stuft synthetisches trans‑Resveratrol bis 150 mg/Tag für Erwachsene als sicher im Rahmen der beantragten Verwendung ein; Magen-Darm-Symptome wurden ab ≥1 g/Tag berichtet; potenzielle Interaktion über CYP2C9. Quelle: EFSA-Gutachten 2016.
Was Resveratrol ist – und warum die Dosis zählt
Resveratrol ist ein Pflanzenpolyphenol, das natürlicherweise in Traubenschalen, Beeren, Erdnüssen und dem Japanischen Knöterich vorkommt. Nahrungsergänzungsmittel liefern oft deutlich höhere Mengen als die Ernährung. In Humanstudien reichten die Dosierungen von etwa 20 mg bis 5 g pro Tag; gastrointestinale Nebenwirkungen traten insbesondere bei 2,5–5 g/Tag häufiger auf. Viele frei verkäufliche Produkte bewegen sich zwischen ungefähr 200–1000 mg/Tag. Aus EU‑Sicht bewertete die EFSA synthetisches trans‑Resveratrol bis 150 mg/Tag als “sicher unter den beabsichtigten Verwendungsbedingungen”. Wichtig: Das ist kein EU‑weiter “oberer Grenzwert” für alle Personen, sondern eine Sicherheitsbewertung des konkreten Antrags. In Deutschland erinnert das BfR daran, dass Nahrungsergänzungsmittel Lebensmittel und keine Arzneimittel sind; ein Nutzen ist bei ausgewogener Ernährung oft nicht notwendig, und die Produktsicherheit liegt in der Verantwortung der Hersteller. Sprechen Sie im Zweifel mit Ihrer Hausarztpraxis oder Apotheke. Eine vertiefte Einordnung zur Resveratrol‑Dosierung und Studienlage finden Sie hier.
Resveratrol kommt in Pflanzen vor, Supplemente liefern jedoch wesentlich höhere Dosen. In der EU gilt bis 150 mg/Tag als sicher im Rahmen einer EFSA-Bewertung; höhere Dosen erhöhen Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiken.
Quellen: MSKCC-Steckbrief, Dosis‑Tolerabilitätsstudie, EFSA 2016, BfR
Dokumentierte Nebenwirkungen: Was zu erwarten ist – und wann Sie stoppen sollten
- Magen-Darm: Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen; meist dosisabhängig und vor allem ab ≥1–2,5 g/Tag beobachtet. Praxis: niedrig starten, zu einer Mahlzeit einnehmen, bei anhaltenden Beschwerden absetzen. Quelle: Humanstudie mit 0,5–5 g/Tag.
- Kopfschmerz, Schwindel, Müdigkeit: gelegentlich in Studien; meist mild und reversibel. Quelle: LiverTox-Übersicht.
- Leber: Hohe Dosen (ca. 1,5–3 g/Tag) können kleine, vorübergehende AST/ALT‑Anstiege verursachen; klinisch relevante Leberschädigungen sind sehr selten/unwahrscheinlich. Praxis: Bei Lebererkrankung oder hepatotoxischen Medikamenten Leberwerte erwägen. Quelle: LiverTox.
- Haut: Seltene Kontaktdermatitis bei topischer Anwendung berichtet. Quelle: MSKCC.
Die Interaktionslandschaft: Welche Medikamente betroffen sein können – und warum
Resveratrol moduliert Arzneimittel-abbauende Enzyme (CYP) im Menschen. Dadurch können Blutspiegel verschiedener Medikamente steigen (mehr Nebenwirkungen) oder sinken (geringere Wirksamkeit). In einer Studie mit gesunden Freiwilligen führte 1 g/Tag über 4 Wochen zur Hemmung von CYP3A4, CYP2D6 und CYP2C9 sowie zur Induktion von CYP1A2. Das betrifft viele häufig eingesetzte Wirkstoffe, von Statinen über Psychopharmaka bis zu Blutverdünnern.
Resveratrol kann körpereigene Enzyme verlangsamen oder beschleunigen. Dadurch ändern sich Wirkspiegel mancher Medikamente – sprechen Sie vor der Einnahme mit Arzt oder Apotheke.
Quelle: Humanstudie zu CYP‑Enzymen
Human-Daten auf einen Blick
- 1 g/Tag x 4 Wochen: Hemmung von CYP3A4, CYP2D6, CYP2C9; Induktion von CYP1A2. Details zur Studie.
Hochrelevante Wechselwirkungen – unbedingt ärztlich besprechen
- Antikoagulanzien/Antiplättchenmittel: z. B. Warfarin (CYP2C9), Aspirin, Clopidogrel. Risiko: erhöhter INR, Blutungen; ggf. Laborkontrollen. Aktion: ohne ärztliche Rücksprache nicht starten; auf Hämatome/Nasenbluten/Teerstuhl achten. Quellen: EFSA‑Bewertung, MSKCC.
- Tamoxifen: Aktivierung zu Endoxifen über CYP2D6; theoretisch kann Resveratrol die Wirksamkeit verringern. Aktion: Nutzung nur in Abstimmung mit dem Onkoteam. Quelle: CYP‑Daten beim Menschen.
- CYP3A4‑Substrate: z. B. bestimmte Statine (Simvastatin), Calciumantagonisten, Immunsuppressiva. Risiko: erhöhte Spiegel → mehr Nebenwirkungen; ggf. Dosisanpassung/Monitoring. Quelle: Studie mit Enzymhemmung.
- CYP1A2‑Substrate: Induktion kann Spiegel senken (z. B. Clozapin, Tizanidin, Koffein). Aktion: auf verminderte Wirkung achten; ärztliche Anpassung möglich. Quelle: CYP1A2‑Induktion.
- Diabetesmedikamente: Metaanalysen zeigen Senkungen von Nüchternglukose/HbA1c (v. a. ≥500–1000 mg/Tag). Risiko: additive Blutzuckersenkung. Aktion: auf Hypoglykämie achten, Werte monitoren. Quelle: Metaanalyse bei Typ‑2‑Diabetes.
Wenn Sie Warfarin, Clopidogrel, Aspirin oder ein DOAK einnehmen, beginnen Sie Resveratrol nicht ohne Rücksprache mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Achten Sie auf ungewohnte Blutergüsse, Nasenbluten oder schwarzen Stuhl und holen Sie ärztlichen Rat ein.
OP geplant? Informieren Sie Ihre Anästhesie über Resveratrol. Wegen potenzieller antiplättchenwirksamer Effekte raten viele Kliniker dazu, 1–2 Wochen vor dem Eingriff zu pausieren.
Wer sollte Resveratrol meiden – oder besonders vorsichtig sein
- Schwangerschaft: Supplemente meiden; bei trächtigen Primaten gingen mütterliche Vorteile mit bedenklichen fetalen Pankreasveränderungen einher. Quelle: Primate-Studie.
- Stillzeit: Unklare Ausscheidung in die Milch, Supplemente liefern viel höhere Dosen als Lebensmittel; vermeiden. Rotwein ist keine Quelle in der Stillzeit. Quelle: LactMed.
- Hormonempfindliche Erkrankungen: In experimentellen Systemen wurden östrogene/androgene Aktivitäten beobachtet – vorher mit Fachärztin/Facharzt sprechen. Quelle: MSKCC.
- Blutungsneigung oder geplante Operation: Mögliches Blutungsrisiko; oft 1–2 Wochen vorher pausieren (Zeitpunkt individuell klären). Quelle: MSKCC.
- Polypharmazie (viele Medikamente): Wegen CYP‑Effekten mit Arzt/Apotheke prüfen, besonders bei Arzneien mit enger therapeutischer Breite (z. B. Warfarin). Quelle: CYP‑Studie.
- Kinder/Jugendliche: Für Zusatzdosierungen fehlen Sicherheitsdaten – ohne ärztliche Anordnung vermeiden. Normale Lebensmittelmengen sind unkritisch. Quelle: MSKCC.
Deutschland/EU: Sicherheit und Qualität
- Regulatorik: In Deutschland/EU sind Nahrungsergänzungsmittel Lebensmittel, keine Arzneimittel; kein Wirksamkeitsnachweis vor dem Inverkehrbringen; Qualität variiert; Hersteller tragen die Verantwortung. Quelle: BfR-Rahmen.
- EFSA‑Meinung (Novel Food): Sicherheit bis 150 mg/Tag bestätigt; Magen-Darm-Nebenwirkungen ab ≥1 g/Tag; mögliche Interaktionen via CYP2C9. Das ist kein persönlicher “Zielwert” der Dosierung. Quelle: EFSA-Gutachten.
- Qualitäts-Checkliste: Produkte mit unabhängiger Prüfung bevorzugen (z. B. internationale Standards wie USP/NSF‑Äquivalente); auf “trans‑Resveratrol” auf dem Etikett achten; keine proprietären Mischungen ohne Mengenangaben; Herkunft prüfen (Polygonum cuspidatum/Traubenschale). Orientierung bietet der MSKCC‑Überblick.
Praktische Safe‑Use‑Checkliste (druckbar)
- Medikations-Check: Liste aller Rx/OTC/Supplements erstellen; besondere Vorsicht bei Antikoagulanzien/Antiplättchenmitteln, Tamoxifen, CYP3A4/2D6/2C9/1A2‑Substraten, Diabetesmedikamenten. Quelle: Humandaten zu CYP.
- Basiswerte (falls relevant): INR (bei Warfarin), Blutzucker (bei Antidiabetika); bei hoher Dosis oder Lebererkrankung Leberwerte erwägen. Quelle: LiverTox‑Empfehlungen.
- Niedrig starten: Wenn medizinisch freigegeben, zunächst 100–150 mg/Tag (im Rahmen der EFSA‑Sicherheitsbewertung) und nach 2–4 Wochen Verträglichkeit prüfen; Megadosen ohne ärztliche Begleitung vermeiden. Quelle: EFSA.
- Red Flags – sofort stoppen und ärztlich abklären: ungewöhnliche Blutergüsse/Blutungen, schwarzer Stuhl, starke Magen‑Darm‑Beschwerden, Gelbfärbung der Haut, ausgeprägte Müdigkeit. Quelle: MSKCC.
- OP‑Planung: Chirurgie über Resveratrol informieren; nach Pausenzeitraum fragen (oft 1–2 Wochen). Quelle: MSKCC.
FAQs
“Verdünnt” Resveratrol das Blut?
Es kann die Thrombozytenaggregation hemmen und damit das Blutungsrisiko – vor allem mit Blutverdünnern – erhöhen. Besprechen Sie das individuell mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Quellen: Thrombozyten‑Studie, MSKCC.
Kann Resveratrol die Leber schädigen?
Klinisch relevante Leberschädigungen sind sehr selten; hohe Dosen können Leberenzyme geringfügig anheben. Bei Lebererkrankungen Monitoring erwägen. Quelle: LiverTox.
Ist Rotwein eine sichere Quelle?
In Schwangerschaft/Stillzeit nein; generell können Alkoholrisiken potenzielle Vorteile überwiegen. Supplemente liefern deutlich höhere Mengen als Wein. Quelle: LactMed.
Welche Dosis ist “sicher”?
Die EFSA bewertete bis 150 mg/Tag als sicher im beantragten Rahmen. Höhere Dosen wurden zwar in Studien genutzt, sind aber häufiger mit Magen‑Darm‑Nebenwirkungen und Interaktionspotenzial verbunden. Die persönliche Resveratrol Dosierung gehört in die ärztliche Beratung. Quelle: EFSA.
Kann ich Resveratrol mit Tamoxifen kombinieren?
Potenziell problematisch wegen CYP2D6‑Hemmung; bitte immer mit dem Onkoteam abstimmen. Quelle: CYP‑Studie.
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Hinweis: Dieser Artikel bietet allgemeine Informationen und ersetzt keine medizinische Beratung. In Deutschland gilt: Besprechen Sie die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln mit Ihrer Hausärztin/Ihrem Hausarzt oder Ihrer Apotheke – insbesondere, wenn Sie verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen oder eine Operation planen.
Resveratrol kann sinnvoll in eine Longevity-Strategie passen, erfordert aber kluge Anwendung: niedrige Dosis, Interaktionen prüfen, bei Risiken pausieren und medizinisch begleiten lassen.