Rhodiola rosea (Rosenwurz): Die optimale Dosierung – ein umfassender Leitfaden
Leila WehrhahnAktualisiert:Warum die richtige Dosierung bei Rhodiola (Rosenwurz) entscheidend ist
Rhodiola rosea – in Deutschland meist als Rosenwurz bekannt – gilt als „Adaptogen“, das die Anpassungsfähigkeit an Stresssituationen unterstützen kann. Ob Sie davon tatsächlich spürbar profitieren, hängt jedoch stark von drei Faktoren ab: dem richtigen Extrakt, der passenden Dosis und dem richtigen Einnahmezeitpunkt. In der EU ist Rosenwurz als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (Traditional Herbal Medicinal Product, THMP) für die vorübergehende Linderung von Stresssymptomen wie Müdigkeit und Schwäche eingestuft. Was das konkret für die Praxis heißt – inklusive Dosierung, Tageszeit und Dauer – finden Sie hier Schritt für Schritt aufbereitet. Wichtig: Halten Beschwerden länger als zwei Wochen an, ist medizinischer Rat einzuholen.
Offizielle Grundlage für diese Empfehlungen ist die aktuelle EU‑Monographie der EMA/HMPC (Revision 1, 20. März 2024). Sie legt Indikation, Extraktqualität und Dosierungsrahmen fest, die in Deutschland und der EU üblich sind.
EMA/HMPC‑Monographie 2024 (Revision 1) · EMA‑Produktübersicht zu Rosenwurz
Rosenwurz ist in der EU für die kurzfristige Selbstmedikation bei stressbedingter Müdigkeit zugelassen. Entscheidend sind ein standardisierter Extrakt, eine EMA-konforme Dosis und Einnahme am Morgen/frühen Nachmittag – mit ärztlicher Abklärung, wenn nach 2 Wochen keine Besserung eintritt.
Was zählt als „der richtige“ Rhodiola‑Extrakt? (Standardisierung & Qualität)
Arzneimittel vs. Nahrungsergänzung in Deutschland/EU
- Traditionelle pflanzliche Arzneimittel (THMP): Trockenen Ethanol‑Extrakt (DER 1,5–5:1; Auszugsmittel 67–70% v/v) aus Rhodiola rosea L., rhizoma et radix. Einheitliche Qualität, behördlich registriert, klare Dosierungsvorgaben.
- Nahrungsergänzungen: Qualität und Standardisierung variieren teils stark; Angaben zu Markerstoffen fehlen oft oder sind nicht verlässlich.
Monographie: zugelassene Extraktart, DER und Lösungsmittel
Was bedeutet „standardisiert“ – und warum zählen Rosavine & Salidrosid?
Für R. rosea gelten Rosavine (Gesamt‑Rosavin: Rosavin, Rosarin, Rosin) und Salidrosid als zentrale Marker. Klinisch häufig verwendete Profile liegen bei etwa 3% Rosavine und ≈1% Salidrosid (Variationen je Extrakt möglich). Diese Marker helfen, authentische R. rosea‑Extrakte von anderen Rhodiola‑Arten zu unterscheiden und eine reproduzierbare Zusammensetzung zu sichern.
Standardisierte Markerprofile (präklinische Referenz, 3%/1%) · Zusätzliche Qualitätsmarker (Rhodiosin/Herbacetin)
Authentizität: Marktprodukte sind oft unterstandardisiert oder verfälscht
Mehrere europäische Untersuchungen zeigen: Ein relevanter Anteil kommerzieller Produkte enthält zu wenig oder gar kein Rosavin – teils, weil andere Arten (z. B. Rhodiola crenulata) verwendet werden, die von Natur aus keine Rosavine enthalten. 2025 wurden in einer Frontiers‑Analyse erneut deutliche Qualitätsmängel und Fehlkennzeichnungen in Nahrungsergänzungen nachgewiesen. Konsequenz: Bevorzugen Sie registrierte Arzneimittel (THR/THMP) oder streng geprüfte Nahrungsergänzungen mit klar deklariertem Gehalt an Rosavinen/Salidrosid und belastbaren Prüfberichten (COAs).
UCL‑Studie zur Authentizität/Adulteration (Europa) · Profiling‑Studie 2025: Qualitätsmängel in Supplements · Hinweis: R. crenulata ohne Rosavin
Schnellcheck fürs Etikett
- Botanik: „Rhodiola rosea L., rhizoma et radix“
- Extraktangabe: „DER 1,5–5:1“, Auszugsmittel Ethanol 67–70% v/v (bei Arzneimitteln)
- Standardisierung: deklarierte Rosavine und Salidrosid
- Qualität: Chargen‑/Losnummer, Prüfberichte (COA), vorzugsweise EU‑registriertes Arzneimittel
EMA‑Details zu DER und Lösungsmittel
Achten Sie auf R. rosea, DER 1,5–5:1, Ethanol 67–70% v/v und deklarierte Marker (≈3% Rosavine/≈1% Salidrosid). Viele Nahrungsergänzungen sind unterstandardisiert oder verfälscht – registrierte Arzneimittel bieten die höchste Sicherheit.
Was die Evidenz zeigt – und was nicht
- EU‑Indikation: „Vorübergehende Linderung von Stresssymptomen (Müdigkeit, Schwäche)“ auf Basis traditioneller Anwendung; Studienlage begrenzt, daher traditional use Status.
- Stressbedingte Müdigkeit: Doppelblind‑RCT mit standardisiertem Extrakt (SHR‑5, 576 mg/Tag, 28 Tage) zeigte Verbesserungen gegenüber Placebo bei Ermüdungsindizes und Aufmerksamkeitstests.
- Leichte–mittlere depressive Symptome: RCT mit Vergleich zu Sertralin fand tendenziell geringere Wirksamkeit, aber bessere Verträglichkeit; keine Alternative zur ärztlichen Therapie.
- Offene Studien („Burnout“/Stress): WS 1375, 200 mg 2× täglich über 4–12 Wochen – positive Signale, aber unkontrolliert.
- Health Claims: EFSA sah für eine geprüfte Claim‑Konstellation keine ausreichende Evidenz für die Reduktion mentaler Ermüdung – Erwartungen realistisch halten.
EMA‑Positionierung (traditionelle Anwendung) · RCT: Stressbedingte Müdigkeit (SHR‑5) · RCT: Vergleich mit Sertralin (MDD) · Offene Studie: WS 1375 (200 mg bid) · EFSA‑Gutachten zu mentaler Müdigkeit
Es gibt Signale für weniger Müdigkeit und bessere Konzentration unter standardisierten Extrakten. Direkte Leistungs- oder Langlebigkeitsversprechen sind jedoch nicht belegt; setzen Sie auf realistische Ziele und gute Schlaf‑/Bewegungsgewohnheiten.
Kern‑Dosierungsprinzipien (EMA/HMPC‑konform)
- Einzeldosis: 144–200 mg
- Häufigkeit: 1–2× täglich
- Tagestotal: 144–400 mg eines Ethanol‑Trockenenextrakts (DER 1,5–5:1)
- Dauer: Hält die Symptomatik länger als 2 Wochen an, ärztlich abklären („2‑Wochen‑Regel“)
Einnahmezeit: morgens oder am frühen Nachmittag; spätabends vermeiden (mögliche Schlafstörung). Viele deutsche Packungsbeilagen empfehlen die Einnahme etwa 30 Minuten vor den Mahlzeiten.
EMA‑Posologie (Erwachsene) · Deutsches OTC‑Beispiel: Dosiermuster (200 mg morgens & mittags) · Einnahme 30 Min. vor den Mahlzeiten
Für Erwachsene gilt: 144–200 mg pro Dosis, 1–2× täglich, insgesamt 144–400 mg/Tag. Morgens/früher Nachmittag – am besten 30 Minuten vor dem Essen. Ohne Besserung nach 2 Wochen: Arztpraxis aufsuchen.
So starten Sie: Schritt‑für‑Schritt‑Protokoll
Alltagsstress/Müdigkeit (gesunde Erwachsene)
- Woche 1: 150–200 mg einmal morgens (bei Stimulations‑Empfindlichkeit 100–150 mg).
- Woche 2: Falls nötig 150–200 mg zusätzlich am frühen Nachmittag. Tagesobergrenze 400 mg ohne ärztlichen Rat nicht überschreiten.
Akute „High‑Demand“-Tage (Prüfungen, lange Schichten)
- Einzeldosis 144–200 mg 30–60 Minuten vor der Aufgabe. Bei bestehender Morgenroutine keine späten Zusatzdosen.
Leichte gedrückte Stimmung/Antrieb (Selbstfürsorge, keine Therapieersatz)
- Innerhalb von 144–400 mg/Tag bleiben und nach 2 Wochen neu bewerten. Bei anhaltender oder ausgeprägter Symptomatik ärztlich abklären.
Zyklen/„Cycling“
- Keine harte Evidenz. Praxisnah: alle 4–8 Wochen Wirkung, Schlaf und Reizbarkeit prüfen; bei Schlafproblemen pausieren oder reduzieren.
EMA‑Leitplanken für Dosis & Dauer · Hinweis: gemischte Daten bei depressiven Symptomen
Sicherheit, Wer verzichten sollte, Interaktionen (Deutschland/EU)
Verträglichkeit
Rosenwurz ist in der Regel gut verträglich. Berichtet wurden Kopfschmerz, gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Bauchschmerz, Durchfall) und Hautausschlag; in Einzelfällen Schlafstörungen.
Wer sollte nicht (ohne ärztlichen Rat) einnehmen?
- Schwangerschaft/Stillzeit
- Unter 18 Jahren
- Schwere Leber‑/Nierenerkrankungen
- Bipolare Störung/Manie‑/Hypomanie‑Anamnese: es gibt Einzelfallmeldungen zu Agitation/Manie bei Risikopersonen
Interaktionen – was wir wissen und wie damit umgehen
- CYP2C9: Humanstudie zeigte reduzierte CYP2C9‑Aktivität nach 14 Tagen Rhodiola (relevant z. B. für Warfarin, Phenytoin, Losartan) – bei enger therapeutischer Breite Rücksprache halten/engmaschig monitoren.
- CYP2D6: In‑vitro‑Daten zeigen Hemmung durch Rhodiosin/Rhodionin; klinische Relevanz unklar – bei kritischen CYP2D6‑Arzneien (z. B. bestimmte Antiarrhythmika, Psychopharmaka) Vorsicht.
- MAO‑A/B: In‑vitro‑Hemmung beschrieben – bei gleichzeitigen MAO‑Hemmern oder stark serotonergen Medikamenten auf Unruhe, Tremor, Agitiertheit achten.
- SSRI/SNRI: In klinischen Studien grundsätzlich verträglich, dennoch individuell vorsichtig dosieren und ärztlich begleiten.
Hinweis: Die EMA/HMPC‑Monographie vermerkt „keine klinisch relevanten Interaktionen beobachtet“. Da einzelne Human‑/In‑vitro‑Daten Hinweise liefern, empfiehlt sich bei rezeptpflichtigen Medikamenten (insb. Antikoagulanzien/Antiepileptika/Psychopharmaka) das Gespräch mit Ihrer Apotheke/Ärztin.
EMA/HMPC: Sicherheit & Warnhinweise · Humanstudie: CYP2C9‑Hemmung · In‑vitro: CYP2D6‑Hemmung · In‑vitro: MAO‑Hemmung · Sertralin‑RCT: Verträglichkeit
Meist gut verträglich, aber Vorsicht bei Schwangerschaft/Stillzeit, unter 18 Jahren und bei speziellen Vorerkrankungen. Bei Medikamenten – besonders Warfarin/Phenytoin/Losartan und Psychopharmaka – Interaktionen prüfen lassen.
Ein hochwertiges Produkt in Deutschland auswählen
- Bevorzugt: Registrierte traditionelle pflanzliche Arzneimittel (THR/THMP) – sie sichern DER, Lösungsmittel und Qualität ab; Dosierung gemäß Packungsbeilage.
- Nahrungsergänzung: Auf Drittanbieter‑Tests, deklarierte Rosavine/Salidrosid, botanische Art (R. rosea), Chargennummern und COAs achten.
- Vorsicht: Produkte ohne Standardisierung oder nur „Salidrosid 5–10%“ (häufig R. crenulata) meiden, wenn ausdrücklich R. rosea‑Profil (mit Rosavinen) gewünscht ist.
- Nachhaltigkeit: Rosenwurz ist regional selten; bevorzugen Sie Marken mit klarer Herkunft und nachhaltiger Beschaffung.
EMA/HMPC‑Rahmen für Arzneimittelqualität · Adulteration/Unterstandardisierung in Europa · Profiling 2025: Qualitäts‑ und Herkunftsaspekte
Spezialfälle & häufige Fragen (FAQs kurz beantwortet)
- Kaffee kombiniert? Meist unproblematisch. Bei Nervosität Abstand von einigen Stunden halten und Dosis reduzieren.
- Wann spüre ich etwas? Manche innerhalb weniger Tage; falls nach 2 Wochen keine Besserung, EMA‑Hinweis beachten und ärztlich abklären.
- Abends einnehmen? Lieber nicht – späte Dosen können den Schlaf stören.
- Für Sportler:innen? Ja, aber nur authentische, sauber deklarierte Produkte nutzen (Verwechslung/Adulteration kommt vor).
- Tee statt Extrakt? Die EMA‑Dosierung bezieht sich auf standardisierte Ethanol‑Extrakte, nicht auf Teezubereitungen.
EMA‑Hinweis zur 2‑Wochen‑Regel und Extraktform · Hintergrund zu Fehlkennzeichnungen
„Heute starten“ – Checkliste
- Entscheiden: Arzneimittel (Qualitätsvorteil) oder geprüftes Supplement.
- Label prüfen: R. rosea L., DER 1,5–5:1; Ethanol 67–70% v/v; Rosavine/Salidrosid deklariert.
- Start: 150–200 mg morgens; nach 5–7 Tagen ggf. 150–200 mg am frühen Nachmittag ergänzen; max. 400 mg/Tag ohne ärztlichen Rat nicht überschreiten.
- Einnahme: 30 Minuten vor den Mahlzeiten; nach 16:00 Uhr vermeiden.
- Tracking: Schlaf, Stimmung, Energie protokollieren; ohne Benefit nach 2 Wochen: medizinischen Rat einholen.
- Medikamente? Bei Warfarin, Phenytoin, Losartan, SSRI/SNRI/MAOI vorab Apotheke/Ärztin einbeziehen.
EMA‑Dosierkorridor & 2‑Wochen‑Regel · Hinweis: Einnahme 30 Min. vor Mahlzeiten
Take‑Home für Langlebigkeits‑Fans
- Rosenwurz ist ein Kurzzeit‑Werkzeug gegen stressbedingte Müdigkeit innerhalb der EMA‑Dosis (144–400 mg/Tag) – keine Allzwecklösung.
- Qualität & Standardisierung sind wichtiger als „möglichst viele Milligramm“.
- Kombinieren Sie sinnvoll mit Schlaf, Proteinzufuhr, Tageslicht und Training – das liefert die nachhaltige Basis für Energie und Resilienz.