Rhodiola im Sport: Was die Evidenz zu Ausdauer und Leistungsfähigkeit bei Athleten zeigt

Leila WehrhahnAktualisiert:

Kernaussage für Eilige: Bei gesunden, aktiven Erwachsenen zeigen mehrere Laborstudien kleine, aber messbare Vorteile durch eine akute Einnahme standardisierter Rhodiola‑Extrakte (ca. 200–300 mg etwa 45–60 Minuten vor Belastung) in Radzeitfahrten oder Time‑to‑Exhaustion‑Tests. Eine tägliche, längerfristige Einnahme liefert dagegen uneinheitliche Resultate. Qualität und Standardisierung sind entscheidend; kurzfristig wirkt Rhodiola in Studien gut verträglich. Für Wettkampfsportler gilt: nur chargengetestete Produkte verwenden, um Verunreinigungsrisiken zu minimieren.

Für wen ist dieser Beitrag – und worum geht’s?

  • Für Ausdauerathletinnen und -athleten (Laufen, Rad, Triathlon), ambitionierte Hobby- und Master‑Sportler, Coaches und gesundheitsbewusste Leser mit Interesse an legalen Ergogenika.
  • Fokus: Pragmatischer Evidenz‑Check mit klaren Protokollen, Grenzen der Datenlage, rechtlicher Einordnung (EU/Deutschland) und einer Checkliste für sichere Anwendung und Produkte.

Bringt Rosenwurz ein paar Sekunden?

40 Minuten Indoor‑Zeitfahren oder der 10‑km‑Straßenlauf: Wenn die Form stimmt, entscheidet oft eine Handvoll Sekunden. Kann ein legales Adaptogen wie Rhodiola rosea (Rosenwurz) die Waage zugunsten eines kleinen Leistungsplus kippen? Erwartungsmanagement vorweg: Die Effekte sind eher klein und hängen von der Vorbereitung und vom Produkt ab.

Was ist Rhodiola? Rosenwurz ist ein traditionell genutztes „Adaptogen“ mit typischen Leitsubstanzen wie Rosavinen (u. a. Rosavin) und Salidrosid. Die europäische Arzneimittelagentur (EMA/HMPC) stuft arzneiliche Rhodiola‑Präparate als „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel“ zur vorübergehenden Linderung von Stresssymptomen wie Müdigkeit ein – ohne Beleg einer gesicherten klinischen Wirksamkeit; empfohlen wird die Anwendung bei Erwachsenen und nur kurzzeitig. Nahrungsergänzungen sind rechtlich keine Arzneimittel: Sie dürfen keine Krankheitsversprechen machen und unterliegen anderen Qualitätsanforderungen als registrierte pflanzliche Arzneimittel. Siehe die öffentliche Monografie der EMA unter Rhodiolae roseae rhizoma et radix.

🔍 Kurz zusammengefasst

Rhodiola kann in Labor‑Zeitfahrten kleine Vorteile bringen. Als Arzneipflanze ist sie in der EU nur für „traditionelle Anwendung“ gegen Stresssymptome gelistet – Nahrungsergänzungen sind davon zu unterscheiden und müssen besonders auf Qualität geprüft werden.

Wie könnte Rhodiola die Ausdauer beeinflussen?

Die sportphysiologischen Mechanismen sind überwiegend indirekt und präklinisch belegt:

  • Stressresilienz/HPA‑Achse: Adaptogeneffekte könnten zentrale Ermüdung verringern und die wahrgenommene Anstrengung modulieren.
  • Mitochondrien & Energie: In Zell-/Tiermodellen moduliert Salidrosid Signalkaskaden wie AMPK/Sirt1; Befunde zeigen verbesserte Atmung/ATP‑Bereitstellung. Es gibt Hinweise auf eine Beeinflussung von HIF‑1α/EPO‑Signalwegen und anti‑Hypoxie‑Antworten – die Übertragbarkeit auf trainierte Menschen bleibt offen. Überblick siehe z. B. Antioxidants‑Artikel zu Rhodiola‑Extrakten in Myoblasten sowie Arbeiten zum HIF‑1α/EPO‑Signalweg (EPO/HIF‑1α‑Modulation durch Salidrosid).
  • Antioxidative/anti‑Fatigue‑Wege: In Tiermodellen sinken Marker von belastungsinduzierter Zellschädigung; erste explorative Human‑Daten deuten auf weniger muskelspezifische Schäden mit isoliertem Salidrosid hin (JISSN‑Studie 2024).
🔍 Kurz zusammengefasst

Rhodiola könnte über Stressmodulation und mitochondriale Signalwege wirken. Das klingt vielversprechend, doch viele Daten stammen aus Modellen – die Übersetzung in spürbare Wettkampf‑Effekte ist begrenzt belegt.

Was sagen Humanstudien? – die Evidenz im Überblick

Systematische Reviews

  • Phytotherapy Research 2023 (13 RCTs, n=263): Heterogene Ergebnisse, Mehrzahl mit positiven Signalen, andere ohne Effekt auf Kernmarker; Qualität/Standardisierung variieren. Fazit: Akut tendenziell positiv, chronisch inkonsistent. Zum Review.
  • Frontiers in Nutrition 2022: Überwiegend positive Signale in kleinen Studien, aber deutlicher Ruf nach besseren, größeren RCTs. Zum Review.
  • BMC 2012 (Fatigue insgesamt): Widersprüchliche Daten, methodische Schwächen, Risiko für Bias. Zum Open‑Access‑Artikel.

Akute Einnahme – performancefokussiert

  • De Bock et al., 2004: 200 mg standardisierter R.‑rosea‑Extrakt (≈3% Rosavine, 1% Salidrosid) 60 Min. vor Belastung: leichte Steigerung der Time‑to‑Exhaustion und VO₂peak; 4‑Wochen‑Einnahme ohne Zusatznutzen. Zur Studie.
  • Noreen et al., 2013: ca. 3 mg/kg 60 Min. vor einem 6‑Meilen‑Cycling‑TT: leicht schnellere Zielzeit und niedrigere Herzfrequenz in der Aufwärmphase; RPE reduziert. Zur Studie und verifizierter Journal‑Volltext.
  • Duncan & Clarke, 2014: 3 mg/kg akut vor 30 Min. submaximalem Radfahren: niedrigere RPE/verbessertes Affekt‑Erleben, keine Änderung von Energieumsatz/Substratoxidation. Zum Artikel.

Chronische Supplementierung (≥2–4 Wochen)

  • Parisi et al., 2010 (trainierte Männer, 4 Wochen): Keine bedeutsamen Veränderungen in VO₂max/Testdauer; teils Verbesserungen in Blutlaktat/CK, aber ohne klare Leistungsgewinne. Zur Studie.
  • Ruderboot‑Team (4 Wochen): Verbesserte antioxidative Kapazität, jedoch keine eindeutigen Performance‑Gewinne. Studiensteckbrief.

Multi‑Ingredient‑Formeln: Attribution schwierig

Mehrere Studien kombinieren Rhodiola mit weiteren Pflanzen (z. B. Cordyceps). Das erschwert die Zuschreibung der Effekte. Beispiel: 2‑wöchige, multi‑komponentige Formel ohne klaren VO₂/Leistungs‑Benefit bei Radfahrern (RCT 2004).

🔍 Kurz zusammengefasst

Die beste Evidenz betrifft akute Einnahmen standardisierter Extrakte vor der Belastung (kleine Verbesserungen bei Zeitfahren/Ermüdungszeit). Chronische Einnahmen zeigen in trainierten Athleten meist keine klaren Leistungsgewinne.

Praxisprotokolle für Athletinnen und Athleten

Wer könnte profitieren?

  • Ambitionierte Freizeit‑ bis Sub‑Elite‑Ausdauerathleten.
  • Wettkämpfe oder Schlüsselbelastungen, in denen ein kleines Plus zählt.
  • Phasen mit hoher mentaler/physiologischer Belastung (z. B. Reise, Hitze, dichter Rennkalender) – stets mit Priorität auf Schlaf, Ernährung, Regeneration.

Akutes Protokoll (evidenznah)

  • 200–300 mg standardisierter Rhodiola‑rosea‑Extrakt (Ziel: ca. 3–5% Rosavine, ~1% Salidrosid) 45–60 Minuten vor Einheit/Wettkampf. Evidenzbasis u. a. De Bock 2004.
  • Alternative: ≈3 mg/kg 60 Minuten vor Belastung (≈210 mg bei 70 kg; Noreen 2013).
  • Zunächst unter Trainingsbedingungen testen (Toleranz, Schlaf).

Blockweise Anwendung über die Saison

  • Wenn überhaupt: kurze Blöcke von 1–2 Wochen vor Taper/Target‑Event evaluieren. Konsistente VO₂/Performance‑Zuwächse durch Dauereinnahme sind nicht belegt. EMA/HMPC empfiehlt arzneilich ohnehin nur kurzzeitige Anwendung; siehe EMA‑Monografie.

Stacking & Timing

  • Kein Stacking mit Stimulanzien, bevor die individuelle Reaktion bekannt ist. Koffein bleibt das besser belegte Ergogenikum. Einen vertiefenden Vergleich finden Sie hier: Rhodiola vs. synthetische Aufputschmittel.
  • Timing für Schlüssel‑Workouts konsistent halten.

Monitoring

  • Herzfrequenz, RPE, Leistungsdaten (z. B. FTP/Tempo) tracken.
  • Vergleich mit placebo‑ähnlichen Wochen (ohne Supplement).
  • Bei Schlaf‑ oder GI‑Problemen absetzen.

Produktqualität, Standardisierung & Dopingrisiko (DE/EU)

Warum Standardisierung zählt

Rosavine/Salidrosid sollten auf dem Etikett deklariert sein; fordern Sie Chargen‑CoA an. Bevorzugen Sie transparente Lieferketten und etablierte Standardextrakte. Beispielhafte Qualitätsprobleme: In Analysen waren ca. 20–40% der Produkte falsch deklariert/adulteriert; häufig fehlte Rosavin (typisch für R. rosea) oder die Gehalte wichen stark ab (Phytomedicine‑Studie, Wiley‑Analyse 2020).

Dopingstatus & Chargenprüfung

🔍 Kurz zusammengefasst

Wählen Sie standardisierte, chargengetestete Produkte. Adulterationen sind verbreitet – das ist gerade für getestete Athleten entscheidend. Rhodiola ist nicht verboten, aber Verunreinigungen sind das eigentliche Risiko.

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Sicherheit, Nebenwirkungen & Interaktionen

Kurzfristig ist Rhodiola in Studien meist gut verträglich; berichtete Nebenwirkungen sind typischerweise mild (GI‑Beschwerden, Benommenheit, Mundtrockenheit). Die EMA/HMPC stuft arzneiliche Rhodiola als traditionell angewendet ein und empfiehlt kurzzeitige Nutzung bei Erwachsenen; siehe EMA‑Monografie. In vitro wurden Hemmungen von CYP3A4 und P‑Glykoprotein gezeigt; die klinische Relevanz ist unklar, Vorsicht bei Polypharmazie. Deutsche Verbraucherinformationen weisen auf mögliche Interaktionen mit Antidepressiva hin; im Zweifel ärztlich/pharmazeutisch beraten lassen (Verbraucherzentrale‑Übersicht, DocMedicus Interaktionen).

🔍 Kurz zusammengefasst

Kurzzeitige Anwendung gilt als gut verträglich. Bei Schwangerschaft/Stillzeit/unter 18 Jahren sowie bei Leber‑/Nierenerkrankungen oder Medikamenteneinnahme vorher ärztlich abklären – mögliche Interaktionen berücksichtigen.

Realistische Erwartungen: Wer profitiert eher nicht?

  • Hochtrainierte Eliteathleten, die große VO₂max‑Sprünge erwarten.
  • Wer glaubt, chronische Einnahme könne Trainingsgrundlagen ersetzen.
  • Personen mit Defiziten bei Schlaf, Energiezufuhr oder Belastungssteuerung – erst diese Grundlagen optimieren. Vgl. chronische Nullbefunde in trainierten Athleten (Parisi 2010).

Coach’s Playbook: drei Anwendungsfälle

  • A‑Race‑Woche: Zuerst im Training testen. Wenn gut vertragen: 200–300 mg standardisiert 60 Min. vor dem Rennen; bestehende Strategien (Hydration, Carbs, Koffein) unverändert lassen.
  • Schlüsselintervall: 1–2 Benchmark‑Sessions (z. B. 5×6′ @105% FTP) mit/ohne Rhodiola vergleichen (HR/RPE/Leistung).
  • High‑Stress‑Phasen: Optional 7–10 Tage kurzzeitig einsetzen; Priorität bleibt Schlaf/Recovery.

Regulatorik & Claims (Deutschland/EU)

Für Nahrungsergänzungsmittel sind krankheitsbezogene Aussagen unzulässig; Aussagen müssen unterstützenden Charakter haben („kann unterstützen“, „kann helfen“) und dürfen nicht arzneilich klingen. EMA/HMPC positioniert arzneiliche Rhodiola als „traditionelle Anwendung“ (ohne gesicherte Wirksamkeit). EFSA verneinte 2012 eine gesundheitsbezogene Angabe zur „Reduktion geistiger Müdigkeit“ für standardisierte Extrakte (EFSA‑Gutachten). Formulieren Sie entsprechend zurückhaltend.

Buyer’s Checklist: Rhodiola für Ausdauer

  • Standardisierte R. rosea mit deklarierten Rosavinen/Salidrosid (typisch ca. 3–5%/~1%).
  • Chargenprüfung (z. B. Kölner Liste – Info) und aktuelle WADA‑Liste gegenprüfen (Prohibited List).
  • EU‑konforme Kennzeichnung, zurückhaltende Claims, CoA auf Anfrage, Rückgaberegelung klar.
  • Konservative Dosierung im oben genannten Bereich und Anwendung zunächst im Training testen.

Evidenz‑Fazit

Am stärksten belegt sind kleine, akute Verbesserungen der Ausdauerleistung (Zeitfahren/Time‑to‑Exhaustion) mit standardisierten Rhodiola‑Extrakten etwa 45–60 Minuten vor der Belastung. Chronische Einnahme verbessert VO₂max/harte Endpunkte in trainierten Athleten bislang nicht verlässlich. Die Evidenzqualität ist moderat und von Standardisierung abhängig; größere, sportartspezifische RCTs sind wünschenswert (De Bock 2004, PTR‑Review 2023, Frontiers 2022).

Hinweis zu Longevity & Recovery

Rhodiola wird im Longevity‑Kontext oft als Baustein für Stressresilienz und zelluläre Gesundheit diskutiert. Auch wenn Leistungszuwächse klein sind, kann eine gute Produktqualität, verantwortungsvolle Anwendung und das Zusammenspiel mit Schlaf, Ernährung und Periodisierung zur langfristigen Belastbarkeit beitragen – im Training wie im Alltag. Eine kuratierte Übersicht passender Produkte finden Sie in unserer Longevity‑Kollektion.

Rechtlicher/medizinischer Hinweis

Dieser Beitrag dient der Information und ersetzt keine medizinische Beratung. Rhodiola kann mit Arzneimitteln interagieren; insbesondere Athletinnen und Athleten unter Dauermedikation (z. B. Antidepressiva) sollten vor der Einnahme ärztlichen oder pharmazeutischen Rat einholen. Für getestete Sportler gilt: Anti‑Doping‑Best Practices beachten und chargengetestete Produkte verwenden. Eine verbraucherorientierte Einordnung finden Sie bei der Verbraucherzentrale.

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FAQ

Verbessert Rhodiola die Ausdauerleistung?

Mehrere kleine Studien zeigen nach akuter Einnahme (ca. 200–300 mg oder ~3 mg/kg, 45–60 Min. vor Belastung) leichte Verbesserungen in Rad‑Zeitfahrten bzw. Time‑to‑Exhaustion und teilweise niedrigere RPE/Herzfrequenz. Chronische Effekte auf VO₂max/harte Endpunkte sind inkonsistent.

Wie dosiere und timing ich Rhodiola am besten?

Evidenzkonform: 200–300 mg eines standardisierten R.-rosea‑Extrakts (~3–5% Rosavine, ~1% Salidrosid) 45–60 Minuten vor Wettkampf/Key‑Session; alternativ ~3 mg/kg. Zuvor im Training testen.

Ist Rhodiola sicher?

Kurzfristig gut verträglich; mögliche milde Nebenwirkungen betreffen Magen‑Darm, Benommenheit oder Mundtrockenheit. Vorsicht in Schwangerschaft/Stillzeit/unter 18 Jahren und bei Leber-/Nierenproblemen; bei Medikamenteneinnahme ärztlich beraten lassen.

Ist Rhodiola im Sport erlaubt?

Rhodiola steht nicht auf der WADA‑Verbotsliste (Stand: Liste in Kraft seit 1. Januar 2025). Dennoch nur chargengetestete Produkte verwenden, um Verunreinigungsrisiken zu minimieren.

Worauf muss ich beim Kauf achten?

Standardisierte Gehalte an Rosavinen/Salidrosid, transparentes CoA, Chargentest (z. B. Kölner Liste), seriöse EU‑konforme Kennzeichnung und zurückhaltende Claims.

Wie wir diesen Artikel überprüft haben:

Quellen

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