NMN weltweit: Verfügbarkeit und Rechtslage in den USA, der EU und Asien
Leila WehrhahnAktualisiert:Was ist NMN – und warum interessiert es die Longevity‑Community?
Nicotinamid‑Mononukleotid (NMN) ist ein Vorläufermolekül von NAD+, einem zentralen Coenzym im Energiestoffwechsel der Zelle. Viele Menschen interessieren sich für NMN, weil NAD+‑Spiegel mit dem Alter sinken und NAD+ in biochemischen Prozessen rund um Energieproduktion, DNA‑Reparatur und zelluläre Stressantworten eine Rolle spielt. Wichtig: In der EU sind gesundheitsbezogene Aussagen streng reguliert; pauschale Anti‑Aging‑Heilsversprechen sind unzulässig. Ein eng verwandter Stoff ist Nicotinamid‑Ribosid (NR). Anders als NMN ist NR in der EU bereits als neuartiges Lebensmittel (Novel Food) zugelassen – konkret als Nicotinamid‑Ribosid‑Chlorid – und daher aktuell die rechtssichere Alternative für NAD+‑Precursors in Deutschland.
Mehr zur EU‑Zulassung von NR finden Sie in der EU‑Durchführungsverordnung 2020/16 sowie in den EFSA‑Sicherheitsgutachten zu NR (2019) und der Erweiterungsbewertung (2021).
NMN ist ein NAD+‑Vorläufer, aber in der EU (einschließlich Deutschland) noch nicht als Lebensmittel zugelassen. NR ist bereits zugelassen – und damit die legale Option in Deutschland.
Auf einen Blick: NMN‑Rechtslage nach Region
- USA: Die FDA betrachtet NMN seit 2022 wegen der sogenannten drug preclusion nicht als zulässige Nahrungsergänzungszutat. Seit Herbst 2024 liegt jedoch eine gerichtliche Stay‑Vereinbarung vor: Während die FDA auf eine Bürgerpetition antwortet (aktuell erwartet bis Ende September 2025), sollen Durchsetzungsmaßnahmen gegen NMN‑Supplements nicht priorisiert werden. Praktisch ist NMN im US‑Einzelhandel weiterhin erhältlich – der Status kann sich aber jederzeit ändern.
- Europäische Union (inkl. Deutschland): NMN ist als novel food eingestuft, aber noch nicht zugelassen und darf daher nicht als Lebensmittel/Nahrungsergänzung in Verkehr gebracht werden. EFSA/Kommission bearbeiten mehrere NMN‑Dossiers; es gab 2025 Signale zu Konsultationsschritten in einzelnen Anträgen, jedoch noch keinen Eintrag in die Unionsliste. NR ist zugelassen.
- Vereinigtes Königreich: NMN ist als novel food eingereicht; mindestens ein Antrag befindet sich in der Risikobewertung. Eine allgemeine Zulassung liegt noch nicht vor.
- Kanada: NMN kann als Natural Health Product (NHP) lizenziert werden. Beispiel: ein NMN‑Produkt mit erteilter NPN‑Nummer belegt die grundsätzliche Zulassungsfähigkeit.
- Australien: Laut TGA ist NMN kein zulässiger Inhaltsstoff für listed medicines; Produkte mit NMN/NAD‑Anspielungen riskieren Illegalität, sofern sie nicht im ARTG registriert oder anderweitig genehmigt sind.
- Japan: NMN steht seit 31. März 2020 auf der japanischen „Non‑drug“‑Liste und wird als Lebensmittel/FFC vertrieben; Kennzeichnungs‑ und Claims‑Regeln sind einzuhalten.
- China (Festland): NMN ist weder als Lebensmittel noch als Health Food zugelassen; Behörden betonen seit 2021 die Illegalität. 2024 wurden CBEC‑Beschränkungen für NMN‑Lebensmittel aus vielen Herkunftsländern verschärft; Ausnahmen (u. a. Japan, Kanada, Hongkong) werden teils genannt.
- Singapur: Gesundheitspräparate sind ohne Vorabzulassung erlaubt, sofern sie HSA‑Vorgaben erfüllen. NMN‑Produkte werden verkauft, aber eine lokale Untersuchung (2024) fand teils deutliche Abweichungen zwischen Deklaration und Inhalt – Qualitätsprüfung ist essenziell.
- Südkorea: NMN ist nicht als Health Functional Food‑Inhaltsstoff zugelassen; zudem gelten strengere Import‑ und Vermarktungskontrollen für nichtkonforme Lebensmittel. Risiko bei Vermarktung als (funktionelles) Lebensmittel.
- Hongkong: Nahrungsergänzungsmittel unterliegen dem allgemeinen Lebensmittelrecht und Werbebeschränkungen; kein spezielles NMN‑Verbot, aber klare Vorgaben für gesundheitsbezogene Werbung.
USA im Detail: Was bedeutet das „graue“ Rechtsgebiet?
Was 2022 geschah – und warum
Die FDA kam 2022 zum Schluss, dass NMN von der Definition „dietary supplement“ ausgeschlossen sei, weil das Molekül zuvor als potenzieller Arzneistoff untersucht wurde (drug preclusion). Das knüpft an eine Auslegung von 21 U.S.C. 321(ff) an: Wurde eine Substanz als Arznei klinisch untersucht und dies öffentlich gemacht, darf sie nicht als Supplementzutat vermarktet werden, es sei denn, sie war vorher bereits legal als Lebensmittel/Supplement im Markt.
Was Ende 2024/2025 passierte
Im November 2024 gewährte ein Bundesgericht eine Stay‑Vereinbarung: Die FDA priorisiert bis zur Antwort auf eine Bürgerpetition (zunächst Frist Ende Juli 2025, anschließend auf Ende September 2025 verschoben) keine Vollzugsmaßnahmen gegenüber NMN‑Supplementen – solange keine Sicherheitsbedenken auftreten und Produkte ansonsten konform wären. Praktisch ist NMN im US‑Handel daher weiter erhältlich; dies ist aber kein endgültiger Rechtsentscheid.
Praxis‑Hinweise für deutsche Käufer
- US‑Recht mindert Ihr Risiko in den USA; für Einfuhren in die EU/DE gilt das jedoch nicht. Der EU‑Zoll kann NMN‑Sendungen stoppen (siehe EU‑Abschnitt).
- Wenn Sie im Ausland bestellen: auf belastbare Qualität achten – unabhängige Analysenzertifikate (HPLC/LC‑MS), Stabilitätsdaten, Chargen‑Rückverfolgbarkeit, ISO‑17025‑Akkreditierung der Labore.
In den USA ist NMN seit 2024 de facto unter Vollzugsaufschub – aber ohne endgültige Entscheidung. Für Deutschland ändert das nichts: EU‑Recht bleibt maßgeblich.
EU/Deutschland im Detail: Was ist erlaubt – und was nicht?
Aktuell ist NMN in der EU ein novel food ohne Zulassung. Das bedeutet: Es darf nicht als Lebensmittel/Nahrungsergänzung in Verkehr gebracht werden. Deutschland folgt diesem EU‑Rahmen. Die Unionsliste der neuartigen Lebensmittel enthält derzeit keinen Eintrag für NMN; NR ist hingegen als Nicotinamid‑Ribosid‑Chlorid gelistet. Mehrere NMN‑Dossiers sind bei EFSA/Kommission anhängig; 2025 waren branchenweit Konsultationsschritte einzelner Anträge Thema, eine Aufnahme in die Unionsliste liegt Stand 11. September 2025 aber nicht vor.
Wenn heute ein EU‑Unternehmen NMN als Nahrungsergänzung verkauft: Es besteht erhebliches Vollzugsrisiko (Abverkaufsstopp, Bußgelder, Rückrufe). Die Praxis, NMN als „nur für Forschungszwecke“ zu labeln, ändert am Lebensmittelrecht nichts, wenn das Produkt faktisch zum Verzehr bestimmt ist. Dies ist keine Rechtsberatung; im Zweifel anwaltlich prüfen lassen.
Deutschland‑Box
- Für Verbraucher: Wenn Sie einen legalen NAD+‑Vorläufer möchten, wählen Sie ein NR‑Produkt, das als Nicotinamid‑Ribosid‑Chlorid gekennzeichnet ist und die zugelassenen Bedingungen einhält. Details finden Sie in der EU‑Durchführungsverordnung 2020/16.
- Für Marken: Kein Inverkehrbringen von NMN als Lebensmittel/Supplement, bis eine EU‑Zulassung erfolgt. Beobachten Sie EFSA/Kommissions‑Updates und prüfen Sie ggf. eine Dossierstrategie. Achten Sie auf Claims‑Konformität gemäß EU‑VO 1924/2006.
NMN ist in der EU/DE derzeit nicht als Lebensmittel zugelassen. NR ist zugelassen – und damit die rechtssichere Alternative.
Vereinigtes Königreich: Eigenes Register, ähnliche Lage
Großbritannien führt ein eigenes Register für regulierte Produkte. Ein NMN‑Antrag (Effepharm/Shanghai) befindet sich in der Phase „Risikobewertung in Arbeit“. Eine allgemeine Zulassung gibt es noch nicht; Inverkehrbringen auf dem GB‑Markt bleibt bis dahin eingeschränkt. Betreiber sollten Dossiers vorantreiben, Claims/Labeling am UK‑Recht ausrichten und nicht vom EU‑Zeitplan ausgehen. Siehe den Eintrag RP‑2116.
Asia‑Pacific Snapshots – mit praktischen Implikationen
Japan
NMN wurde am 31. März 2020 in die „Non‑drug“‑Liste aufgenommen. Seither ist es als Lebensmittel/FFC verbreitet, unter Einhaltung der japanischen Kennzeichnungs‑ und Claims‑Regeln sowie zunehmender Compliance‑Anforderungen (GMP, Meldungen). Import in die EU als Nahrungsergänzung bleibt bis zur EU‑Zulassung unzulässig.
China (Festland)
NMN ist weder als Lebensmittel noch als Health Food zugelassen; Behörden stellten 2021 klar, dass NMN in Lebensmitteln unzulässig ist. 2024 verschärften CBEC‑Plattformen und Zoll Hinweise die Einfuhr und Listung; einige Herkunftsländer (z. B. Japan, Kanada, Hongkong) gelten teils als Ausnahme. Parallel besteht die Gefahr, dass Listings kurzfristig entfernt werden.
Australien
Die TGA betont: NAD+/NMN sind derzeit keine zulässigen Inhaltsstoffe für gelistete Arzneimittel (listed medicines). Produkte, die NMN enthalten oder dies implizieren, sind ohne ARTG‑Eintrag bzw. Sondergenehmigung rechtlich angreifbar.
Singapur
Gesundheitspräparate benötigen keine Vorabzulassung, müssen aber HSA‑Sicherheits‑/Qualitätsregeln erfüllen. Ein lokales Screening (2024) fand bei einer Mehrheit der getesteten NMN‑Produkte Abweichungen von den Deklarationen – Qualitätsdokumente (COAs) sind daher unerlässlich. Weitere Orientierung bietet die HSA‑Übersicht zu Health Supplements.
Südkorea
NMN ist nicht als Health Functional Food‑Inhaltsstoff zugelassen; parallel hat MFDS Import‑/Kennzeichnungs‑ und Werbevorgaben verschärft sowie Listen unerlaubter bzw. zu blockierender Zutaten für Direktimporte (Online‑Kauf) etabliert. Vermarktung als funktionelles Lebensmittel birgt daher erhöhtes Vollzugsrisiko.
Kanada
NMN kann als Natural Health Product zugelassen werden. Prüfen Sie die NPN‑Nummer; Beispielhaft belegt ein gelistetes Produkt mit NPN die behördliche Lizenzierung.
Hongkong
Nahrungsergänzungsmittel werden nach allgemeinem Lebensmittelrecht geführt; Werbeaussagen unterliegen dem Undesirable Medical Advertisements Ordinance. Es gibt kein spezifisches NMN‑Verbot, aber eine klare Aufsicht über gesundheitsbezogene Claims.
Was deutsche Leser jetzt tun können – praktisch, sicher, compliant
Option A: Legaler NAD+‑Vorläufer heute
- Setzen Sie auf NR‑Produkte (Nicotinamid‑Ribosid‑Chlorid) mit klarer Kennzeichnung und konformen Verzehrmengen nach EU‑Vorgaben. Siehe die Zulassungsbedingungen für NR.
- Eine kuratierte Auswahl an passenden Produkten finden Sie in unserer Longevity‑Kollektion.
Option B: Sie wollen trotzdem NMN im Ausland bestellen
- Verstehen Sie das Risiko: Das Inverkehrbringen in der EU ist unzulässig; der Zoll kann Sendungen zurückhalten. Prüfen Sie Rückgabe‑/Erstattungsregeln des Händlers.
- Verlangen Sie: Chargenspezifische COAs (HPLC/LC‑MS), Stabilitätsdaten, vollständige Spezifikationen (Schwermetalle, Keime, Verunreinigungen), ISO‑17025‑Akkreditierung des Labors, belegte Chargenrückverfolgbarkeit.
- Vermeiden Sie Krankheits‑Claims und „Megadosen“. Stimmen Sie die Einnahme grundsätzlich mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ab.
- Informieren Sie sich vorab über mögliche Risiken und unerwünschte Effekte: NMN‑Nebenwirkungen.
Option C: Sie betreiben eine Marke/einen Shop in Deutschland
- Kein Inverkehrbringen von NMN als Lebensmittel/Supplement bis zur EU‑Zulassung.
- NR als Alternative vorbereiten; Claims strikt nach EU‑VO 1924/2006 ausrichten; bei Novel‑Food‑Strategie und Timings juristischen Rat einholen.
Checklisten für Marken/Operatoren (EU/Deutschland)
Pre‑Launch‑Decision‑Tree
- Steht die Zutat in der EU‑Unionsliste? Wenn nein → nicht verkaufen; NR als Alternative prüfen. Unionsliste der neuartigen Lebensmittel.
- Falls NMN künftig zugelassen wird: Bedingungen zur Verwendung, Maximalmengen, Kennzeichnung, ggf. Daten‑/Schutzfristen beachten.
Qualitätssicherung beim Einkauf
- Vollständiges Verunreinigungsprofil, Schwermetalle, Mikrobiologie; Real‑Time‑ und beschleunigte Stabilität; Screening auf Kontaminanten; validierte, pharmakopöe‑nahe Methoden.
Claims & Kennzeichnung
- Struktur/Funktions‑ähnliche Aussagen ohne Krankheitsbezug; keine Anti‑Aging‑Versprechen („verjüngt“, „kehrt Altern um“); deutsche und EU‑rechtliche Vorgaben berücksichtigen.
Zeitachsen & „Worauf als Nächstes achten?“
- EU: Beobachten Sie EFSA‑Verfahrensschritte (öffentliche Konsultationen, Ersuchen um zusätzliche Daten) und die Entscheidung der Kommission zur Aufnahme in die Unionsliste (inkl. Auflagen). Bis dahin bleibt NR die zugelassene Option. EU‑Unionsliste.
- UK: Verfolgen Sie den Status im FSA‑Register (z. B. RP‑2116) – Wechsel von „Risikobewertung“ zu „Autorisation“ ist der entscheidende Schritt.
- USA: Die FDA‑Antwort auf die NPA‑Bürgerpetition wird aktuell bis Ende September 2025 erwartet; je nach Entscheidung können sich die Vollzugsprioritäten rasch ändern. Branchenberichte und Verbandsmitteilungen liefern Zwischentöne.
- China: CBEC‑Regeln bleiben in Bewegung; Herkunftsländer‑Ausnahmen und Plattform‑Policies (Listungsverbote) regelmäßig prüfen.
Mini‑Leitfäden für mehr Sicherheit
So lesen Sie ein COA (Certificate of Analysis)
- Identität & Gehalt: Methoden wie HPLC/LC‑MS; Chargennummer; Spezifikationsgrenzen.
- Reinheit: Verunreinigungen (Lösungsmittel, Nebenprodukte, Abbauprodukte), Schwermetalle, mikrobielle Grenzwerte.
- Stabilität: Real‑Time und beschleunigte Daten; Lagerbedingungen.
- Laborqualität: ISO‑17025‑Akkreditierung und Unabhängigkeit.
Was bedeutet ISO‑17025 für Sie?
ISO‑17025 bestätigt die Kompetenz eines Prüflabors, valide und nachvollziehbare Ergebnisse zu liefern. Für Verbraucher und Marken ist das ein starkes Indiz, dass Analysen nach anerkannten Standards erfolgen.
Regionale Takeaways (Do/Don’t)
- Deutschland/EU: Do: NR nutzen; Behördenseiten beobachten. Don’t: NMN als Nahrungsergänzung vertreiben.
- USA: Do: Datenqualität prüfen; Rechtslage verfolgen. Don’t: Dauerhafte Rechtssicherheit annehmen.
- Japan: Do: Kennzeichnungs‑/FFC‑Regeln einhalten. Don’t: EU‑Import als Nahrungsergänzung annehmen.
- China: Do: CBEC‑Politik prüfen. Don’t: NMN als Lebensmittel im Binnenmarkt voraussetzen.
- Australien: Do: ARTG‑Status prüfen. Don’t: NMN/NAD in listed medicines ohne Zulassung.
- Singapur: Do: HSA‑Leitplanken und Qualität (COA) prüfen. Don’t: ungeprüfte Online‑Versprechen.
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