Resveratrol-Formen im Vergleich: trans vs. cis – Wirkung, Stabilität und Bioverfügbarkeit
Leila WehrhahnAktualisiert:Zwei Moleküle, ein Ruf: Bei Resveratrol gibt es die trans- und die cis-Form. In der Langlebigkeits-Szene sorgt vor allem die trans-Variante für die wissenschaftliche Aufmerksamkeit. In diesem Leitfaden klären wir den Unterschied, was das für Wirksamkeit, Dosierung und Sicherheit bedeutet – und wie Sie in Deutschland ein gutes Produkt auswählen.
Quick take
- Trans-Resveratrol ist die vorherrschende und deutlich besser untersuchte Form; cis-Resveratrol ist weniger stabil und kaum klinisch erforscht.
- Die meisten positiven Humanstudien zu Gefäßfunktion und Entzündungsmarkern wurden mit trans-Resveratrol durchgeführt.
- Die Bioverfügbarkeit ist bei beiden Formen niedrig; entscheidend sind Formulierung, Dosierung und konsequente Einnahme.
- Achten Sie auf die Angabe „trans-Resveratrol“ auf dem Etikett, lichtschützende Verpackung und unabhängige Laborprüfungen nach EU-Standard.
- Typischer Ergänzungsbereich für Erwachsene: 100–500 mg trans-Resveratrol pro Tag; höhere Dosen erhöhen Magen-Darm-Nebenwirkungen.
- Vorsicht bei Gerinnungshemmern/Thrombozytenaggregationshemmern, hormonabhängigen Erkrankungen, vor OPs sowie in Schwangerschaft/Stillzeit – ärztlich abklären.
Resveratrol 101 – was es ist und wo es vorkommt
Resveratrol gehört zu den Polyphenolen (Stilbene) und kommt als zwei Isomere vor: trans und cis. In der Natur dominiert das trans-Isomer; es findet sich vor allem in Beerenschalen (z. B. Trauben), in Erdnüssen und in einigen Beerenarten. Nahrungsergänzungen nutzen meist Extrakte aus Japanischem Knöterich (Polygonum/Fallopia cuspidatum), dessen Wurzel besonders reich an trans-Resveratrol ist. In Pflanzen – und in hochwertigen Supplementen – überwiegt die trans-Form; die cis-Form entsteht häufig erst durch Licht- oder Hitzeeinwirkung aus der trans-Form.
Wer Resveratrol gezielt in den in Studien untersuchten Mengen zuführen möchte, sollte sich nicht auf Rotwein verlassen: Die Gehalte schwanken stark und liegen meist im µg–mg/Liter-Bereich – weit unter üblichen Supplementdosierungen; Alkohol bringt zudem eigene Gesundheitsrisiken mit sich. Siehe z. B. Übersichten zur Resveratrol-Gehaltsbandbreite in Weinen sowie öffentliche Empfehlungen, Alkohol nicht als „gesundheitsförderlich“ einzuordnen (Fachreview zu Gehalten in Wein, WHO-Europa-Einschätzung zu Alkohol).
Resveratrol ist ein Pflanzenpolyphenol mit zwei Formen. Für gezielte Mengen sind Supplements sinnvoller als Rotwein, da Gehalte in Lebensmitteln stark schwanken und Alkohol Risiken birgt.
Trans vs. cis – was ist biologisch der Unterschied?
Stabilität: Trans-Resveratrol ist die stabilere Konfiguration. Unter UV-Licht oder Hitze kann es zu cis-Resveratrol umlagern; dieser Prozess ist in Lösungen schneller als im festen Zustand dokumentiert. Studien zeigen, dass Sonnen- oder UV-Licht die cis-Anteile deutlich erhöhen kann; geeignete Lösungsmittel und Schutz vor Licht reduzieren dies (Übersichtsartikel zu Transport/Stabilität, Photochemische Isomerisierung unter UV-Licht, Einfluss von pH/Temperatur).
Aktivität: In vielen in vitro und Tiermodellen zeigt die trans-Form stärkere biologische Effekte in relevanten Signalwegen (u. a. antioxidative Signalisierung, AMPK/Sirtuin-verknüpfte Pfade). Für die cis-Form existiert deutlich weniger Evidenz, besonders an harten klinischen Endpunkten. Der Forschungskonsens hat sich zudem von der frühen „nur SIRT1“-Erzählung hin zu einem breiteren, hormetischen Wirkprofil verlagert (z. B. AMPK-abhängige Mechanismen) (Mechanistik-Review, PK-Review).
Trans-Resveratrol ist licht- und temperaturstabiler und die am besten untersuchte Form. Cis-Resveratrol ist weniger stabil und klinisch kaum belegt.
Bioverfügbarkeit und Metabolismus – die gemeinsamen Grenzen beider Formen
Resveratrol wird zwar gut resorbiert, aber rasch in der Darmwand und Leber zu Sulfat- und Glucuronid-Konjugaten verstoffwechselt. Dadurch zirkulieren nur geringe Mengen der unveränderten Substanz im Blut; Metabolite können allerdings ebenfalls biologisch aktiv sein. Die Halbwertszeit ist kurz, und eine tägliche, regelmäßige Einnahme ist sinnvoll, um eine konstante Exposition zu erreichen (Bioverfügbarkeits-Review, PK/Tox-Übersicht beim Menschen).
Mahlzeit-Einfluss: Daten sind gemischt; einzelne Untersuchungen zeigen z. B., dass ein sehr fettreiches Frühstück die Spitzenkonzentrationen deutlich reduzieren kann, während ein normales Frühstück dies nicht tut. Wichtig ist vor allem Konsistenz: Nehmen Sie das Präparat möglichst immer gleich (mit einer leichten Mahlzeit oder nüchtern) ein, um Schwankungen zu minimieren (Hochdosis-Studie: Einfluss von Fettmahlzeit, Randomisierte Crossover-Studie).
Formulierungen: Strategien wie Mikronisierung, liposomale Systeme, Cyclodextrin-Komplexe oder andere Delivery-Ansätze sollen die Aufnahme erhöhen. Für mikronisierte trans-Resveratrol-Formulierungen wurden in Pilotstudien höhere Plasmaspiegel gezeigt; insgesamt ist die klinische Evidenz zu Formulierungsvergleichen aber heterogen. Priorisieren Sie Marken, die pharmakokinetische Daten transparent veröffentlichen (Mikronisiertes Resveratrol in Patientenstudie, Cyclodextrin-Komplex: technischer Ansatz).
Resveratrol wird schnell verstoffwechselt; Metabolite spielen mit. Einheitliche Einnahmebedingungen und sinnvolle Formulierungen helfen, die Exposition vorhersehbarer zu machen.
Was sagen Humanstudien wirklich?
Gefäßfunktion: Mehrere Metaanalysen und RCTs berichten Verbesserungen surrogate Marker der Endothelfunktion, etwa der flussvermittelten Dilatation (FMD). Die meisten dieser Daten basieren auf trans-Resveratrol. Effekte auf Blutdruck sind dagegen uneinheitlich (Aktuelle Metaanalyse FMD, Metaanalyse bei metabolischen Störungen, RCT bei CKD & Diabetes).
Stoffwechselmarker: Ergebnisse zu Gewicht, Nüchternglukose, Insulinsensitivität oder Blutfetten sind gemischt und teils dosis- und populationsabhängig. Hochdosis-Studien zeigen nicht konsistent Vorteile; sie verdeutlichen aber die gute Verträglichkeit bis in den Grammbereich und die deutliche Metabolisierung zu Konjugaten (Phase‑I-Dosissteigerung, Mehrfachdosierung, IGF-Achse).
Langlebigkeit: Direkte Lebenszeitdaten beim Menschen existieren nicht. Die aktuelle Sichtweise: Resveratrol kann bestimmte Marker günstig beeinflussen, ist aber kein „Wundermittel“. Lebensstil-Basics (Ernährung, Bewegung, Schlaf, Gewichtsmanagement) bleiben die Grundlage.
Die beste Evidenz gibt es für surrogate Gefäßmarker. Ergebnisse zu Gewicht, Zucker- und Fettstoffwechsel sind uneinheitlich. Lebensverlängerung beim Menschen ist nicht belegt.
Dosierung, Timing und Stacking – der Praxisleitfaden
- Dosierung: Häufig genutzter Bereich für Erwachsene: 100–500 mg trans-Resveratrol täglich (einmalig oder geteilt). Ab ≥1 g/Tag nehmen Magen-Darm-Beschwerden häufiger zu; solche Dosen gehören in ärztliche Begleitung (LiverTox-Monografie).
- Timing: Eine feste Tageszeit erleichtert die Routine. Viele vertragen die Einnahme morgens mit leichter Kost gut. Sehr fettreiche Mahlzeiten können die Spitzenaufnahme dämpfen (Studie zu Mahlzeit-Effekten).
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Beliebte Kombinationen:
- Mit Quercetin: plausible metabolische Interaktionen, klinisch bisher begrenzt – Erwartungen moderat halten.
- Mit NAD⁺-Boostern (NR/NMN): biochemische Logik vorhanden (Sirtuin/AMPK-Achse), aber Human-Outcomes noch vorläufig.
- Mit Omega‑3/Mittelmeer-Ernährung: sinnvoller Lebensstil‑Synergieeffekt; wichtiger als komplexe „Stacks“.
- Hydration & Alkohol: Für Dosierungsziele ist Wein ungeeignet; Alkohol fügt Risiken hinzu (WHO-Europa: kein sicheres Level).
Produktqualität und Auswahl in Deutschland/EU
- Klare Deklaration: „trans-Resveratrol“ und Gehalt pro Kapsel/Tablette müssen genannt sein.
- Herkunft: Standardisiert aus Japanischem Knöterich; auf kontrollierte Emodin-Gehalte achten (zu viel kann die Verdauung reizen). Techniken zur Abreicherung sind verfügbar (Aufreinigung trans-Resveratrol/Emodin).
- Reinheit: Idealerweise ≥98 % trans-Resveratrol.
- Tests: Unabhängige Analysenzertifikate (z. B. EU-akkreditierte Labore) auf Schwermetalle, mikrobiologische Parameter und PAKs.
- Verpackung: Dunkle/undurchsichtige Behälter, Verfallsdatum und Lagerhinweise (kühl, lichtgeschützt).
- Rechtliches: In Deutschland/EU sind Resveratrol-Produkte Nahrungsergänzungsmittel. Krankheitsbezogene Heilversprechen sind unzulässig. Orientierung bieten die EU-Rahmenwerke zu Nahrungsergänzungen und Health Claims (EU-Infos zu Nahrungsergänzungen, EU-Register der Health Claims, BfR-Überblick).
Ein gutes Produkt nennt „trans-Resveratrol“, liefert eine klare Dosis, ist geprüft und lichtgeschützt verpackt – und macht keine medizinischen Heilversprechen.
Sicherheit, Wechselwirkungen und wer vorsichtig sein sollte
Resveratrol gilt in Studien bis in den Grammbereich meist als gut verträglich; häufigste Nebenwirkungen sind dosisabhängig gastrointestinale Beschwerden (z. B. Übelkeit, Durchfall). Vorsicht gilt bei potenziellen Interaktionen:
- Blutgerinnung: Resveratrol kann in vitro die Thrombozytenaggregation hemmen; Tier- und Mechanistikdaten deuten auf mögliche Wechselwirkungen mit Antikoagulanzien/Thrombozytenhemmern hin. Bei Warfarin, DOAKs, Clopidogrel & Co. ärztlich abklären (Antiplättchen-Effekte, Interaktion mit Warfarin im Tiermodell).
- Hormonabhängige Bedingungen: Resveratrol zeigt in vitro sowohl östrogene als auch antiöstrogene Aktivitäten; klinische Relevanz unklar – bei hormon-sensitiven Erkrankungen vorsichtig sein (Review zu östrogenen Aktivitäten).
- OPs: Ohne ärztliche Rücksprache 1–2 Wochen vor elektiven Eingriffen pausieren.
- Schwangerschaft/Stillzeit: Datenlage unzureichend – meiden, sofern nicht medizinisch indiziert.
- Leberenzyme/Transporter: In vitro/Chemie-Daten zeigen CYP- und Transporter-Interaktionen; klinische Bedeutung ist situationsabhängig – bei Arzneien mit enger therapeutischer Breite besonders aufpassen (LiverTox, Warfarin-Mechanismen).
Mehr zur Langzeiteinnahme und Sicherheit von Resveratrol finden Sie in unserem ausführlichen Leitfaden.
Hinweis: Dieser Artikel dient der Information und ersetzt keine medizinische Beratung. Besprechen Sie Dosierung und Kombinationspläne mit medizinischem Fachpersonal.
Meist gut verträglich, aber mögliche Blutungs- und Hormoninteraktionen beachten. Bei Medikamenteneinnahme, OPs oder Schwangerschaft immer ärztlich abklären.
Lagerung und Stabilität – so schützen Sie die trans-Form
- Vor Licht und Wärme schützen; Licht kann trans → cis umwandeln (Photostabilität).
- Deckel nach Entnahme zügig schließen, nicht in durchsichtige Pillenboxen am Fenster umfüllen.
- Auf Geruchs-/Farbveränderungen achten und über das Verfallsdatum hinaus nicht verwenden.
Urteil – wann und warum trans-Resveratrol Sinn ergibt
Wer Resveratrol für Marker der Gefäß- und Stoffwechselgesundheit einsetzen möchte, fährt mit trans-Resveratrol am besten: Es ist stabiler, deutlich besser untersucht und sauber deklarierbar. Die Effekte sind moderat und entfalten ihren Nutzen am ehesten in Kombination mit den Grundlagen eines gesunden Lebensstils.
Actionable Buyer’s Checklist
- „trans-Resveratrol“ klar auf dem Etikett (möglichst ≥98 % trans).
- Passende Dosis pro Kapsel (z. B. 250 mg) ohne unnötige Füllstoffe.
- Standardisierter Knöterich-Extrakt mit kontrolliertem Emodin-Gehalt.
- Unabhängige Prüfberichte: Schwermetalle, Mikrobiologie, PAKs; Charge/Losnummer nachvollziehbar.
- Verpackung: lichtundurchlässig, Haltbarkeitsdatum, Lagerhinweise.
- Rechtskonformität: EU-/deutsche Kennzeichnung, keine Krankheitsversprechen; erreichbarer Kundendienst.
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FAQ
Ist cis-Resveratrol jemals besser?
Es gibt keine belastbaren Humanstudien, die cis-Resveratrol überlegen zeigen. Trans bleibt die Standardwahl.
Reicht Rotwein als Quelle?
Nein. Die Mengen im Wein sind zu niedrig für studiennahe Dosen – und Alkohol birgt Risiken.
„Aktiviert“ Resveratrol Sirtuine beim Menschen?
Die Biologie ist komplexer: Resveratrol beeinflusst mehrere Pfade (u. a. AMPK/Sirtuin). Eine gesicherte Lebensverlängerung beim Menschen ist nicht belegt.
Mit oder ohne Nahrung einnehmen?
Seien Sie konsistent. Viele vertragen es mit leichter Mahlzeit besser; sehr fettreiche Mahlzeiten können Spitzenkonzentrationen reduzieren.
Mit NR/NMN kombinieren?
Beliebt und mechanistisch plausibel, aber klinische Zusatznutzen sind noch vorläufig.
Wann merke ich etwas?
Erwartbar sind graduelle Veränderungen einzelner Marker über Wochen bis Monate – keine „Aha“-Effekte über Nacht.
Lohnen sich „mikronisierte“ oder „liposomale“ Formen?
Möglich – wenn die Marke belastbare PK-Daten zeigt. Sonst zählen Qualitätsbasics zuerst.