Was sind Probiotika? Eine umfassende Einführung
Leila WehrhahnAktualisiert:
Einordnung: Was Probiotika sind – und was sie leisten können
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, häufig Milchsäurebakterien oder Hefen, die in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln vorkommen und die natürliche Mikrobiota im Darm unterstützen können. Sie sind von Natur aus auch in unserem Verdauungssystem vorhanden. Wichtig: Wirkung und Nutzen sind meist stamm- und dosisabhängig, nicht jedes Produkt eignet sich für jedes Ziel.
Probiotika sind „gute“ Mikroorganismen. Was sie leisten, hängt stark vom genauen Stamm und von der eingenommenen Menge (CFU) ab.
Pro-, Prä- und Synbiotika kurz erklärt
Probiotika sind lebende Mikroorganismen. Präbiotika sind unverdauliche Nahrungsbestandteile (z. B. Ballaststoffe), die als „Futter“ für diese Mikroorganismen dienen. Synbiotika kombinieren beides, um die Ansiedlung und Aktivität nützlicher Keime zu unterstützen.
Warum der Stamm zählt (und die Dosis)
Probiotika werden über ihre genaue Stammbezeichnung identifiziert, z. B. „Lactobacillus rhamnosus GG (ATCC 53103)“. Unterschiedliche Stämme derselben Art können sich in Studien sehr verschieden verhalten. Ebenso relevant ist die Tagesmenge in KBE/CFU (koloniebildende Einheiten): Viele Anwendungen bewegen sich im Bereich von ca. 1–20 Milliarden CFU pro Tag, je nach Stamm und Ziel. Prüfen Sie daher immer die exakte Stammbezeichnung und die CFU-Angabe pro Tagesdosis auf dem Etikett.
Entscheidend sind der exakte Stammname und die CFU-Menge. Beides sollte auf der Packung klar stehen.
Die wichtigsten Stämme im Überblick
Im Folgenden finden Sie eine kompakte Übersicht ausgewählter, gut untersuchter Stämme – inklusive typischer Dosierspannen, wofür sie untersucht wurden und für wen sie sich eignen könnten.
Stamm | Anwendungsfeld | Evidenz | Typ. Dosis/Tag | Hinweis |
---|---|---|---|---|
Lactobacillus rhamnosus GG (ATCC 53103) | Unterstützung bei akuter Diarrhö (insb. Kinder), Antibiotika-begleitend | Hinweise bis gut – je nach Population | 1–10 Mrd. CFU | Oft für 5–10 Tage (akut) bzw. während/kurz nach Antibiotika eingesetzt |
Saccharomyces boulardii CNCM I‑745 | Antibiotika-assoziierte Diarrhö, Reisediarrhö | Hinweise bis gut – je nach Setting | 5–10 Mrd. CFU (oft 250–500 mg) | Nicht zusammen mit systemischen Antimykotika verwenden |
Lactobacillus reuteri DSM 17938 | Akute Diarrhö bei Kindern, Säuglingskoliken, Begleitung H. pylori‑Therapie | Hinweise bis moderat | 0,1–1 Mrd. CFU | Häufig in Tropfenform für Kinder erhältlich |
Lactobacillus plantarum 299v | Funktionelle Beschwerden/IBS (z. B. Blähungen, Bauchkomfort) | Hinweise bis moderat | 10–20 Mrd. CFU | Testphase meist 4–8 Wochen |
Bifidobacterium animalis subsp. lactis BB‑12 | Stuhlregulation, Unterstützung im Kindesalter | Hinweise bis moderat | 1–10 Mrd. CFU | Oft in Kombinationen enthalten |
Weitere häufig genannte Stämme in Produkten: Lactobacillus acidophilus, Bifidobacterium bifidum und Streptococcus thermophilus. Sie werden u. a. in fermentierten Milchprodukten verwendet und können die Verdauung unterstützen. Beachten Sie jedoch stets, dass Effekte stamm- und dosisabhängig sind.
Nutzen Sie die Tabelle als Startpunkt. Wählen Sie Stämme passend zum Ziel und testen Sie diese über einige Wochen.

Probiotika
Anwendungsbereiche – was ist realistisch?
Probiotika werden vor allem bei Verdauungsthemen eingesetzt. Darüber hinaus gibt es Felder, in denen erste oder gemischte Hinweise vorliegen. Wählen Sie immer stammbezogen und geben Sie Ihrer Auswahl ausreichend Testzeit (typisch 4–12 Wochen bei funktionellen Beschwerden).
Antibiotika-assoziierte Diarrhö (AAD)
Bei Antibiotikatherapien kann die Darmflora aus dem Gleichgewicht geraten. Stämme wie Saccharomyces boulardii CNCM I‑745 oder Lactobacillus rhamnosus GG werden häufig begleitend eingesetzt, um das Risiko für Durchfall zu senken und die Darmbalance zu unterstützen. Start ist idealerweise mit der ersten Antibiotika-Dosis und für 1–2 Wochen nach Ende fortsetzen. Halten Sie einen zeitlichen Abstand zur Antibiotika-Einnahme von 2–3 Stunden ein (siehe auch Ratgeber: Abstand zwischen Antibiotika und Probiotika).
Reizdarmsyndrom (IBS)
Bei funktionellen Beschwerden wie Blähungen und wechselndem Stuhlgang berichten einige Betroffene über eine Verbesserung mit Stämmen wie Lactobacillus plantarum 299v oder ausgewählten Mehrstamm-Präparaten. Bewährt hat sich eine Testphase von 4–8 Wochen. Begleitend sind ballaststoffreiche Ernährung und angepasste Lebensstilfaktoren sinnvoll (siehe auch Probiotika bei Reizdarm (IBS): Überblick).
Akute Diarrhö bei Kindern
Für Kinder werden z. B. Lactobacillus rhamnosus GG oder Lactobacillus reuteri DSM 17938 eingesetzt, um die Dauer einer akuten Diarrhö zu verkürzen. Die Auswahl und Dosierung richten sich nach Alter und Produktform; beachten Sie die Packungsangaben und empfehlen Sie ggf. Rücksprache mit der Kinderärztin/dem Kinderarzt.
Weitere Einsatzgebiete mit begrenzter Evidenz
- Reisediarrhö: Vorbeugende Einnahme ausgewählter Stämme wird häufig praktiziert.
- Begleitend bei H. pylori-Therapie: Einige Stämme werden parallel eingesetzt.
- Mundgesundheit und Atemwege: Produkte mit dafür vorgesehenen Stämmen sind verfügbar, Hinweise variieren.
- Wiederkehrende urogenitale Beschwerden: Zurückhaltende Auswahl und ärztliche Begleitung empfohlen.
- Frühgeborene/NEC-Prävention: Gehört ausschließlich in ärztliche Hände.
Für AAD und akute Durchfälle gibt es solide Praxis-Erfahrungen. Bei IBS & Co. hilft oft ein 4–8‑wöchiger Test mit passenden Stämmen.
Richtig einnehmen
Tagesdosis und Dauer
Starten Sie niedrig (z. B. 5–10 Mrd. CFU/Tag bei Erwachsenen) und erhöhen Sie nach 3–5 Tagen bei guter Verträglichkeit. Testen Sie die Wirksamkeit je nach Ziel für 4–8 Wochen; bei AAD orientieren Sie sich an der Antibiotikadauer und nehmen Sie Probiotika 1–2 Wochen darüber hinaus.
Timing und Abstand zu Antibiotika
Ob mit oder ohne Mahlzeit hängt von Produkt und Matrix ab. Viele Kapseln sind für die Einnahme zu einer leichten Mahlzeit vorgesehen; bei gleichzeitiger Antibiotika-Therapie 2–3 Stunden Abstand halten (Details: Abstand zwischen Probiotika und Antibiotika – Details). Vermeiden Sie sehr heiße Getränke direkt zur Einnahme.
Lagerung und Stabilität
Beachten Sie die Lagerhinweise: Manche Produkte benötigen Kühlung, andere sind „shelf‑stable“. Achten Sie darauf, dass die CFU‑Angabe sich idealerweise auf das Ende der Haltbarkeit bezieht. Trocken, lichtgeschützt und für Kinder unzugänglich aufbewahren.
- Do: 2–3 Std. Abstand zu Antibiotika, 4–8 Wochen testen, Kühlhinweise beachten.
- Don’t: Pauschal „nüchtern“ einnehmen, wenn Packungsangaben anderes empfehlen; bei starken Nebenwirkungen weiter einnehmen.
Richtig dosieren, ausreichend lange testen, Abstand zu Antibiotika einhalten und Lagerhinweise beachten – so erhöhen Sie die Chance auf einen Nutzen.
Lebensmittel vs. Supplement – was passt zu mir?
Fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir, Sauerkraut und Kimchi liefern lebende Kulturen und weitere Nährstoffe. Nahrungsergänzungsmittel bieten dagegen klar definierte Stämme in reproduzierbarer Dosierung – praktisch, wenn Sie gezielt testen möchten. Mehr zu probiotischen Lebensmitteln: Übersicht probiotischer Lebensmittel.
Lebensmittel | Geschätzte CFU‑Spanne pro Portion | Hinweise |
---|---|---|
Joghurt (mit lebenden Kulturen) | ca. 0,1–10 Mrd. | Variiert stark; kann Laktose/Zucker enthalten |
Kefir | ca. 1–100 Mrd. | Breites Spektrum an Kulturen; enthält meist Laktose |
Sauerkraut (roh, nicht erhitzt) | ca. 1–100 Mio. je 100 g | Pasteurisierung reduziert lebende Kulturen; Histamingehalt beachten |
Kimchi | ca. 1–100 Mio. je 100 g | Scharf/gewürzt; Histamine möglich |
Lebensmittel sind ein guter Alltagspartner. Für gezielte Anwendungen sind Supplemente mit definierten Stämmen und CFU oft praktikabler.
Kaufberatung: So wählen Sie ein gutes Produkt
- Klare Stammbezeichnung (z. B. L. rhamnosus GG, ATCC‑Code).
- CFU pro Tagesdosis und Bezug auf das Ende der Haltbarkeit.
- Evidenz/Erfahrungen für genau diesen Stamm und Ihr Ziel.
- Qualität: GMP/IFS/ISO, Chargenkontrollen, ggf. unabhängige Tests.
- Transparente Hinweise zu Allergenen, Vegan/Vegetarisch, Laktose/Gluten.
- Lagerung (Kühlung ja/nein), eindeutiges Verfallsdatum.
- Klare Dosierempfehlung, seriöser Herstellerkontakt.
Sicherheit: Wer sollte vorsichtig sein?
Häufige, meist vorübergehende Nebenwirkungen
Zu Beginn können Blähungen, vermehrte Gase oder weicher Stuhl auftreten. Starten Sie niedrig und steigern Sie langsam. Brechen Sie ab, wenn deutliche Beschwerden anhalten oder neue Symptome auftreten. Weitere Hinweise zu möglichen Reaktionen finden Sie in unserem Beitrag zu Beitrag: Mögliche Nebenwirkungen (CBD). Eine passende Dosierung und ein umsichtiges Vorgehen helfen, Unverträglichkeiten zu vermeiden; allgemeine Dosierprinzipien finden Sie hier: Leitfaden: CBD‑Dosierung (allgemeine Prinzipien).
Leichte Blähungen zu Beginn sind möglich. Dosis langsam anpassen und bei anhaltenden Beschwerden ärztlich abklären.
FAQ
Wie lange dauert es, bis ich etwas merke?
Bei akuten Themen (z. B. Durchfall) oft innerhalb weniger Tage. Bei IBS und funktionellen Beschwerden planen Sie 4–8 Wochen Testzeit ein.
Müssen Probiotika gekühlt werden?
Kommt auf das Produkt an. Prüfen Sie die Lagerhinweise. Viele Präparate sind „shelf‑stable“, andere brauchen die Kühlkette.
Kann ich mehrere Stämme kombinieren?
Das ist möglich. Starten Sie jedoch am besten mit 1–2 gezielten Stämmen, um Effekte und Verträglichkeit klar beurteilen zu können.
Was tun, wenn Blähungen auftreten?
Dosis senken, zu einer kleinen Mahlzeit einnehmen, ein paar Tage abwarten. Bei anhaltenden oder starken Beschwerden absetzen und medizinisch klären.
Wie erkenne ich ein seriöses Produkt?
Exakte Stammbezeichnung, CFU pro Tagesdosis, klare Dosierung, transparente Qualitätssicherung und Lagerhinweise – siehe Kaufberatung.
Darf ich Probiotika parallel zu Antibiotika einnehmen?
Ja, häufig mit 2–3 Stunden Abstand. Start möglichst früh und bis 1–2 Wochen nach Ende der Antibiotika fortsetzen. Details im Beitrag zum Abstand zwischen Antibiotika und Probiotika.
Sind Probiotika für Kinder geeignet?
Ja, ausgewählte Stämme und kindergeeignete Formen (z. B. Tropfen) werden häufig eingesetzt. Dosierung und Dauer nach Alter und Produkt wählen; im Zweifel Kinderarzt/Kinderärztin einbeziehen.
Wissenschaftlicher Hintergrund
Aktuelle Forschungslinien
Die Forschung zu Probiotika wächst weiter: Sie untersucht, welche Stämme sich für welche Ziele eignen, wie Formulierungen die Stabilität verbessern und welche Dosen in unterschiedlichen Gruppen sinnvoll sind. Dabei zeigt sich immer wieder: Ergebnisse sind populations- und stammabhängig – deshalb lohnt sich eine gezielte Auswahl und strukturierte Testphase. Auch Lebensmittel wie Joghurt oder Kefir bleiben als Basis für eine darmfreundliche Ernährung relevant.
Forschungsergebnisse sind stamm- und zielabhängig. Daher gezielt auswählen, genügend lange testen und Ernährung mitdenken.
Kurzfazit
Probiotika können Ihre Verdauung und das allgemeine Wohlbefinden unterstützen – vor allem, wenn Sie passende Stämme in ausreichender Dosis wählen, die Einnahme konsequent umsetzen und realistische Ziele setzen. Ob als Probiotika als Nahrungsergänzung (Produktseite) oder über Lebensmittel: Entscheidend sind Konsistenz, Qualität und eine Auswahl, die zu Ihrem Anliegen passt.