Welche Probiotika helfen effektiv gegen Helicobacter?
Leila WehrhahnAktualisiert:
Kurzfazit (TL;DR)
- Probiotika können die ärztliche Eradikationstherapie ergänzen und Nebenwirkungen reduzieren; sie ersetzen Antibiotika nicht.
- Standard bleibt eine antibiotikabasierte Behandlung; Auswahl und Dauer legt der Arzt nach Leitlinien fest.
- Ernährung und Alltagstipps unterstützen begleitend – mit realistischen Erwartungen.
- Diagnose und Kontrolle erfolgen standardisiert (z. B. 13C-Atemtest, Stuhlantigen); eine Test‑of‑Cure ist wichtig.
Was ist Helicobacter pylori?
Symptome & Risiken
Helicobacter pylori (H. pylori) ist ein Bakterium, das die Magenschleimhaut besiedeln kann. Viele Menschen haben keine Beschwerden. Mögliche Symptome sind Oberbauchschmerzen, Völlegefühl, Übelkeit oder Aufstoßen. Unbehandelt kann H. pylori eine chronische Gastritis begünstigen und das Risiko für peptische Ulzera erhöhen; langfristig besteht ein Zusammenhang mit bestimmten Magenkrebsformen. Entscheidungen zur Abklärung und Therapie trifft der Arzt nach Leitlinien.
H. pylori kann den Magen reizen und bei manchen Menschen zu Geschwüren führen. Ob, wann und wie behandelt wird, entscheidet der Arzt.
Wie wird H. pylori nachgewiesen?
Zur nichtinvasiven Diagnostik werden vor allem der 13C‑Harnstoff‑Atemtest und Stuhlantigen‑Tests eingesetzt. Bei Endoskopie sind Biopsien mit Histologie bzw. Urease‑Schnelltest möglich. Nach der Behandlung sollten alle Patienten eine Test‑of‑Cure erhalten: frühestens 4 Wochen nach Therapieende, mit Pause von Protonenpumpenhemmern (PPI) für ca. 2 Wochen vor dem Test. Serologie eignet sich nicht zur Erfolgskontrolle, da Antikörper lange persistieren. (Konsensus 13C‑Harnstoff‑Atemtest 2021 (EAGEN/ESNM/ESPGHAN); ACG Clinical Guideline 2024 – Treatment of H. pylori.)
Nachweis geht meist ohne Spiegelung. Wichtig: Erfolgskontrolle nach der Therapie – rechtzeitig und ohne PPI‑Verfälschung.

Probiotika
Therapie im Überblick
Eradikationstherapie: Rolle der Antibiotika
Die Standardbehandlung basiert auf Antibiotika in Kombination mit einer effektiven Säureblockade; konkrete Schemata und Dauer richten sich nach Resistenzlage und Leitlinien und werden ärztlich festgelegt. Bismuth‑basierte Vierfachregime über 14 Tage sind in vielen Settings bevorzugt, Alternativen sind je nach Vortherapien und Unverträglichkeiten möglich. Eine leitliniengerechte Test‑of‑Cure gehört immer dazu. (ACG Clinical Guideline 2024 – Behandlung von H. pylori; Maastricht VI/Florenz‑Konsensus (Gut, 2022) – Management von H. pylori.)
Was Probiotika leisten – und was nicht
Probiotika können die Eradikationsrate moderat erhöhen und typische Nebenwirkungen (z. B. Durchfall, Übelkeit, schlechter Geschmack) während der Antibiotikatherapie reduzieren. Sie ersetzen die Standardtherapie jedoch nicht. Der Nutzen ist stamm‑ und präparateabhängig; Mischpräparate oder bestimmte Stämme wie Bifidobacterium longum oder Saccharomyces boulardii zeigen in Analysen Vorteile. (Netzwerk‑Meta‑Analyse 2024 – Probiotika bei H. pylori (PubMed 39642994).)
Fakt: Ohne Antibiotika ist die Eradikationsrate sehr gering; Probiotika wirken ergänzend. (Evidenz zu Probiotika: geringe Monotherapie‑Wirksamkeit (PMC6466906).)
Probiotika in der Praxis
Stamm‑spezifische Evidenz
Die Wirkung ist stammbezogen. Studien zeigen z. B. für Lactobacillus reuteri (DSM 17938/ATCC PTA 6475) eine Reduktion der bakteriellen Last und Symptome; als Monotherapie ist die Eradikation jedoch unzureichend. Netzwerkanalysen deuten auf Vorteile u. a. von B. longum hin; auch S. boulardii kann Eradikationsraten und Verträglichkeit verbessern. (Review/RCTs zu Probiotika bei H. pylori (PMC6466906); Netzwerk‑Meta‑Analyse 2024 – Wirksamkeit einzelner Stämme (ScienceDirect); Meta‑Analyse 2019 zu S. boulardii (PubMed 31414551).)
Dosierung, Einnahmezeitpunkt, Dauer
- Einnahme während der Antibiotikatherapie ist üblich; viele Patienten vertragen Probiotika zeitlich versetzt zu Antibiotika (z. B. mit einigen Stunden Abstand) besser.
- Praxistipp: Beginn kurz vor oder mit Start der Eradikation und Fortführung für etwa 1–2 Wochen nach Therapieende werden in Reviews und RCTs häufig genutzt. Längere Vorbehandlung (≥14 Tage) kann die Erfolgsrate zusätzlich unterstützen. (Review 2024 – Zeitpunkt und Dauer von Probiotika (PMC12288164).)
- Produktwahl: auf evidenzbasierte Stämme und ausreichende Keimzahlen achten; Mischpräparate können Vorteile haben. (Umbrella‑Review 2023 – Probiotika und Eradikationserfolg (PubMed 37540067).)
Sicherheit & Nebenwirkungen
Probiotika gelten für die meisten Menschen als gut verträglich. Selten sind unter besonderen Risikokonstellationen (z. B. schwere Immunsuppression, zentrale Venenkatheter, Intensivstation) Blutstrominfektionen beschrieben. Besprechen Sie die Einnahme bei relevanten Vorerkrankungen, in der Schwangerschaft/Stillzeit oder bei geplanter Krankenhausbehandlung ärztlich. (Sicherheitsbewertung Probiotika – Review 2023 (PMC10145752).)
Probiotika können helfen – am besten als Ergänzung zur Antibiotikatherapie, mit passendem Stamm und kurzzeitig über die Behandlung hinaus.
- Ärztliche Diagnose und Therapieplan einholen.
- Probiotikum mit dokumentierter Evidenz wählen (Stamm/Dosis prüfen).
- Einnahme zeitlich versetzt zu Antibiotika; Dauer: während + 1–2 Wochen danach. (Review 2024 – Dosierung und Behandlungsdauer (PMC12288164).)
- Verträglichkeit beobachten; bei Warnzeichen (siehe unten) ärztlich melden.
Ernährung & Alltag
Intervention | Nutzen laut Studien | Hinweise |
---|---|---|
Probiotika (bestimmte Stämme) | Eradikationsrate ↑, Nebenwirkungen ↓ | Stamm- und Präparateabhängig; ergänzend einsetzen. (Netzwerk‑Meta‑Analyse 2024 – Probiotika (PubMed 39642994).) |
Brokkoli‑Sprossen (Sulforaphan) | Reduktion von Kolonisation/Entzündung in Studien | Effekt reversibel nach Absetzen; ergänzend. (RCT 2009 – Sulforaphan aus Brokkolisprossen (PubMed 19349290).) |
Preiselbeeren/Cranberry | Adhäsionshemmung; in RCTs Suppression ↑ | Standardisierte PAC‑Gehalte relevant; ergänzend. (RCT 2021 – Cranberry/PAC und H. pylori (PMC8246812).) |
Grüner Tee | Antibakterielle/ureasehemmende Effekte v. a. präklinisch | Human‑Evidenz begrenzt; ergänzend. (Übersicht zu grünem Tee und H. pylori (PMC2694061).) |
Was Sie während der Behandlung vermeiden
- Rauchen und starker Alkohol – beides kann die Schleimhaut reizen.
- Individuell schwer verträgliche, sehr fettreiche oder stark scharfe Speisen.
- Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAIDs möglichst meiden bzw. nur nach ärztlicher Rücksprache.
FAQ
Reichen Probiotika allein?Nein. Probiotika unterstützen die Antibiotikatherapie, können sie aber nicht ersetzen; Monotherapie führt zu sehr niedrigen Eradikationsraten. (Evidenz: geringe Monotherapie‑Wirksamkeit (PMC6466906).)
Wie lange sollte ich Probiotika nehmen?Häufig: während der Eradikation und 1–2 Wochen danach. In Studien zeigte sich auch ein Nutzen einer mindestens 14‑tägigen Vorbehandlung. Stimmen Sie die genaue Dauer mit Ihrem Arzt ab. (Review 2024 – Timing und Dauer (PMC12288164).)
Darf ich Kaffee trinken?Kaffee kann Sodbrennen verstärken. Testen Sie Ihre individuelle Verträglichkeit; es gibt keine Pflicht zum vollständigen Verzicht.
Was, wenn die Eradikation scheitert?Es gibt wirksame Alternativregime; die Auswahl richtet sich nach Vortherapien/Resistenzen. Ihr Arzt passt die Strategie an und plant eine erneute Erfolgskontrolle. (ACG Clinical Guideline 2024 – Alternativregime und Test‑of‑Cure.)
Wie prüfe ich, ob H. pylori weg ist?Mit 13C‑Atemtest oder Stuhlantigen – frühestens 4 Wochen nach Therapieende und nach PPI‑Pause. Serologietests sind zur Kontrolle ungeeignet. (ACG Clinical Guideline 2024 – Test‑of‑Cure.)
Warnzeichen: Wann Sie ärztlichen Rat brauchen
- Schwarzer Stuhl (Teerstuhl) oder Bluterbrechen.
- Ungewollter starker Gewichtsverlust, Blutarmut, anhaltende oder zunehmende Schmerzen.
- Schluckbeschwerden, wiederholtes Erbrechen oder Fieber.
Quellen
- ACG Clinical Guideline – Treatment of Helicobacter pylori (2024): Bismuth‑Vierfachtherapie 14 Tage als bevorzugte Option; universelle Test‑of‑Cure; PPI‑Pause vor Test. (ACG 2024 – Volltext bei LWW.)
- Maastricht VI/Florenz‑Konsensus (Gut, 2022): Empfehlungen zu Diagnostik, Therapie und Rolle der Resistenztestung. (Gut 2022 – Maastricht VI/Florenz (Ovid).)
- DGVS S2k‑Leitlinie Helicobacter pylori (Update 2023/2024): Deutsche Empfehlung, Therapieentscheidung nach Resistenzlage/Leitlinie. (DGVS S2k‑Leitlinie – DGVS.de; DGVS‑Update 2023 – Volltext (ResearchGate).)
- Netzwerk‑Meta‑Analyse (2024): 91 RCTs; Probiotika erhöhen Eradikation und senken Nebenwirkungen; u. a. B. longum mit hoher Wirksamkeit. (ScienceDirect – Netzwerk‑Meta‑Analyse 2024.)
- Umbrella‑Reviews (2023/2024): Konsistente Vorteile von Probiotika; höhere CFU und Mischpräparate tendenziell effektiver. (Umbrella‑Review 2023 (PubMed 37540067).)
- L. reuteri DSM 17938/ATCC PTA 6475 + PPI ohne Antibiotika (RCT, 2019): Sehr geringe Eradikationsrate – unterstützt Ergänzungs‑, nicht Monotherapie‑Rolle. (RCT/Review 2019 – L. reuteri und H. pylori (PMC6466906).)
- Saccharomyces boulardii Meta‑Analysen (2019–2023): Eradikationsrate ↑, Nebenwirkungen (v. a. Diarrhö) ↓. (Meta‑Analyse 2019 – S. boulardii (PubMed 31414551); Meta‑Analyse 2023 – S. boulardii (PMC11860874).)
- 13C‑Atemtest Konsensus (EAGEN/ESNM/ESPGHAN, 2021): Einsatz und Timing von Test‑of‑Cure (≥4 Wochen nach Therapie; PPI‑Pause). (Konsensuspapier 2021 – 13C‑Atemtest (PMC8259225).)
- Brokkoli‑Sprossen/Sulforaphan (RCT, 2009): Reduktion von Kolonisation und Entzündungsmarkern; Effekt reversibel nach Absetzen. (RCT 2009 – Sulforaphan (PubMed 19349290).)
- Cranberry (RCT, 2021): Standardisierte PAC‑Säfte 8 Wochen – Suppression von H. pylori ↑. (RCT 2021 – Cranberry/PAC (PMC8246812).)
- Sicherheit Probiotika (Review, 2023): Insgesamt seltene, aber berichtete Bakteriämien; Vorsicht bei immunsupprimierten Patienten/Intensivstation. (Sicherheitsreview 2023 (PMC10145752).)