Coenzym Q10 und Sport: Mehr Energie, schnellere Regeneration, bessere Leistung
Leila WehrhahnAktualisiert:Wenn sich die Beine schon am Mittwoch schwer anfühlen, könnte nicht Ihr Wille, sondern Ihre Mitochondrien der Flaschenhals sein. Coenzym Q10 (CoQ10) ist ein körpereigenes Coenzym in der Elektronentransportkette, das ATP‑Energieproduktion unterstützt und als fettlösliches Antioxidans wirkt. Dieser praxisnahe Guide fasst zusammen, was die Forschung zu CoQ10 und Training sagt, wer am ehesten profitiert und wie Sie in Deutschland ein sicheres, EU‑rechtskonformes 8‑Wochen‑Protokoll testen können – ohne Hype, aber mit klaren Handlungsanweisungen.
CoQ10 unterstützt die mitochondrialen Energieproduktion und kann Erholung und Belastungsverträglichkeit moderat verbessern – vor allem bei Älteren, hoher Trainingslast oder niedrigem Ausgangsstatus. Unten finden Sie evidenzbasierte Dosierungen, Sicherheits- und Rechts-Hinweise sowie Plug-and-Play-Protokolle.
CoQ10 in 90 Sekunden – was es ist und warum Aktive sich dafür interessieren
Die mitochondriale Rolle
CoQ10 (Ubichinon/Ubichinol) shuttelt Elektronen in der Atmungskette zwischen Komplex I/II und III und ist damit zentral für die ATP‑Synthese. Zudem schützt es Zellmembranen und Lipoproteine vor oxidativem Stress. Bei intensiver Belastung steigen reaktive Sauerstoffspezies; ausreichende CoQ10‑Verfügbarkeit kann diese Stressantwort abmildern, ohne physiologische Trainingsanpassungen zu blockieren.
Ubichinon vs. Ubichinol einfach erklärt
Es handelt sich um die gleiche Substanz in zwei Redoxzuständen: Ubichinon (oxidiert) und Ubichinol (reduziert). Ubichinol wird häufig mit „höherer Bioverfügbarkeit“ beworben. Studien zeigen jedoch, dass die Bioverfügbarkeit stark von der Formulierung (Öl‑Softgel, Solubilisierung) und der Einnahme mit Fett abhängt; gut formuliertes Ubichinon kann vergleichbar abschneiden. Entscheidend ist die Qualität der Zubereitung, nicht nur die Form. Siehe etwa die Vergleichsdaten zu unterschiedlichen Formulierungen sowie Caco‑2‑Daten zur Micellierung von Ubichinol und Ubichinon (Mechanistische Erklärung zur Micellierung; Head‑to‑Head‑Vergleich verschiedener Formulierungen; Crossover‑Daten bei Gesunden).
Alter, Lebensstil und warum Spiegel sinken können
Endogene CoQ10‑Synthese nimmt mit dem Alter ab; zudem kann eine Statintherapie die zirkulierenden CoQ10‑Spiegel senken (Mevalonatweg). Ein Meta‑Review aus randomisierten Studien bestätigt diesen Abfall unter Statinen, unabhängig von Art und Intensität (Meta-Analyse zu Statinen und CoQ10‑Spiegeln). Ernährung: Höchste Gehalte liefern Innereien (z. B. Rinder‑/Schweineherz, Leber) und fettreiche Fische (Sardinen, Makrele); pflanzliche Quellen enthalten deutlich weniger, was für Veganer/Vegetarier relevant ist (Übersicht zu CoQ10-Gehalten in Lebensmitteln).
CoQ10 liefert Elektronen für ATP und wirkt als Antioxidans. Ubichinon und Ubichinol sind zwei Gesichter derselben Substanz – die Bioverfügbarkeit hängt stark von der Formulierung und Fettnahrung ab. Statine können CoQ10-Spiegel senken; organische Kost liefert am meisten CoQ10.
Was die Forschung wirklich sagt (und wo die Ergebnisse gemischt sind)
Die Evidenz deutet auf kleine bis moderate Vorteile hin – am konsistentesten bei älteren Erwachsenen (40+), Personen mit niedrigen Ausgangsspiegeln oder hoher Trainingslast. In gut trainierten jungen Athleten sind Effekte auf Leistungskennzahlen kleiner oder inkonsistent.
Energie und Performance
- Ausdauer: RCTs und Reviews zeigen uneinheitliche Resultate bei VO2max, Zeit bis Erschöpfung und Schwellenleistung; Verbesserungen sind selektiv und oft klein. Eine systematische Übersicht bei Athleten sah v. a. Vorteile in anaeroben Parametern, nicht in VO2max (Systematischer Review Athleten).
- Kraft/Power: In einem doppelblinden RCT mit deutschen Kaderathleten steigerte 300 mg Ubichinol/Tag die Spitzenleistung vs. Placebo geringfügig, aber signifikant (~+2,5 %) (RCT zu Peak Power). Andere Studien fanden keine Performance‑Effekte trotz besserer antioxidativer Marker (Junge Athleten, intensive Belastung).
Recovery und Muskelschädigung
Hier ist die Evidenz am stärksten: Meta‑Analysen randomisierter Studien berichten signifikante, wenn auch meist kleine bis moderate Senkungen von CK, LDH und MDA nach Belastung – mit tendenziell stärkeren Effekten bei ≥300 mg/Tag und Interventionen ≥2 Wochen (GRADE‑Meta-Analyse 2024; Athleten‑Meta-Analyse 2025).
Statine und Muskelsymptome
Mechanistisch plausibel (Statin‑bedingte CoQ10‑Senkung), klinisch jedoch gemischt: Eine Meta‑Analyse (2020) fand keinen Effekt auf Myalgie oder Statinadhärenz (Meta-Analyse 2020). Dagegen berichtete eine frühere Analyse symptomatische Verbesserungen ohne CK‑Abfall (JAHA‑Meta-Analyse). Fazit: „Try‑and‑see“ ist vertretbar – aber nur in Rücksprache mit der behandelnden Ärztin/dem Arzt.
Wer profitiert tendenziell am meisten?
- 40+, hohe Wochenlast oder Phasen mit dichter Wettkampfplanung
- Statin‑Anwenderinnen und ‑Anwender mit Muskelsymptomen (ärztlich begleitet)
- Personen mit niedriger CoQ10‑Zufuhr (z. B. vegane/vegetarische Ernährung) oder ausgeprägtem Muskelkater/Fatigue nach Einheiten
Leistungszuwächse sind möglich, aber meist klein. Die robustesten Effekte zeigen sich bei Erholungsmarkern (z. B. CK, LDH) nach harten Einheiten. Bei Statinen sind die Daten gemischt – medizinisch abklären.
Praktische Protokolle: So testen Sie CoQ10 fürs Training
Dosierungsbereiche
- Allgemeine Energie/Alltag: 100–200 mg/Tag zu einer fetthaltigen Hauptmahlzeit.
- Performance/Recovery‑Trial: 200–300 mg/Tag für 8–12 Wochen, dann Re‑Assessment. Meta‑Analysen deuten bei ≥300 mg/Tag auf stärkere Reduktionen von CK/LDH hin (Dose‑Response‑Analyse).
- Spezialfälle (z. B. kardiale Indikationen): höhere Dosen nur unter ärztlicher Aufsicht. CoQ10 ist generell gut verträglich, in Studien bis 1.200 mg/Tag (Sicherheitsprofil StatPearls).
Ubichinol vs. Ubichinon
Ubichinol wird häufig mit besserer Absorption beworben. Gleichzeitig zeigen Vergleichsstudien, dass gut solubilisierte Ubichinon‑Ölsoftgels ähnlich performen können und beide Formen im Blut überwiegend als Ubichinol vorliegen. Wichtiger als die Form: Öl‑Matrix, dokumentierte Bioverfügbarkeit, sinnvolle Dosierung (Formulierungsvergleich; Crossover bei 200 mg/Tag).
Timing und Resorption
- Mit fetthaltiger Mahlzeit einnehmen; bei ≥200 mg ggf. auf morgens/abends splitten.
- Optional 60–90 Min vor Schlüssel‑Einheit eine Teil‑Dosis (Placeboeffekt nicht ausgeschlossen) – nicht zwingend notwendig.
Smartes „Stacking“ (optional)
- Kraft/Power: CoQ10 + Kreatin
- Mito‑Support: CoQ10 + L‑Carnitin oder Alpha‑Liponsäure
- Neues, limitiertes Feld: PQQ (sparsam testen, Variablen einzeln ändern)
Sicherheit und Interaktionen
- In der Regel gut verträglich; Einzelfälle von GI‑Beschwerden oder leichter Schlaflosigkeit bei höheren Dosen (Sicherheitsprofil).
- Interaktionen möglich: v. a. mit Vitamin‑K‑Antagonisten (z. B. Warfarin) – gemischte Daten, daher INR‑Kontrolle/ärztliche Rücksprache (Crossover‑Trial: kein Effekt; Mechanistische Daten).
- Blutdruck‑/Antidiabetika: potenzierende Effekte möglich – Medikationscheck.
- Schwangerschaft/Stillzeit: nur nach medizinischer Beratung (BfR‑Hinweise zu empfindlichen Gruppen). Hintergrund zu CoQ10 und Fertilität: CoQ10, Fruchtbarkeit, Eizell‑ & Spermienqualität.
- WADA: CoQ10 ist nicht auf der Verbotsliste 2025 (Stand: 1. Jan 2025). Für Wettkämpfe chargengetestete Produkte wählen (WADA Verbotsliste 2025).
Starten Sie mit 200–300 mg/Tag zu einer fetthaltigen Mahlzeit und testen Sie 8–12 Wochen. Achten Sie auf Qualität, mögliche Interaktionen (v. a. Antikoagulanzien) und dokumentieren Sie objektive Marker.
Ernährung und Lebensstil, die den CoQ10‑Effekt verstärken
Lebensmittelquellen und realistische Zufuhr
Spitzenreiter sind Innereien (z. B. Rinderherz ~60–113 µg/g; Leber ~33–50 µg/g) und fettreiche Fische (Sardinen ~12–31 µg/g; Makrele ~11–26 µg/g). Pflanzliche Quellen liefern deutlich weniger. Die übliche Tageszufuhr liegt meist im einstelligen mg‑Bereich – für therapeutische Spiegel ist Supplementation oft praktikabler (Lebensmittelgehalte Übersicht).
Training, das Mitochondrien wachsen lässt
- Basistraining (Zone 2) plus 1–2 HIIT‑Einheiten/Woche fördern mitochondrialen Biogenese‑Stimulus (PGC‑1α, CS‑Aktivität) – sowohl bei Jüngeren als auch Älteren (Review zu Mito‑Adaptionen; HIIT bei Älteren).
- Schlaf 7–9 h; Eisen‑ und Vitamin‑D‑Status prüfen; Proteinzufuhr für Kraftsport 1,6–2,2 g/kg.
- Sauna/Hitzeexposition und aktive Regeneration können die Durchblutung und mitochondriale Effizienz unterstützen.
Beispiel‑Protokolle für verschiedene Athletentypen
Typ | Dosierung | Monitoring | Benchmark |
---|---|---|---|
Ausdauer (Läufer/Rad, 40+, 4–6 Einh./Woche) | W1–2: 200 mg mit Abendessen; W3–8: 300 mg/Tag (100 mg Frühstück, 200 mg Abendessen) | Ruhige HF morgens; RPE in Schlüsselsessions | 5 km‑TT oder 20‑min‑FTP in Woche 0 und 8 |
Kraft/Hypertrophie (3–5 Einh./Woche) | 200 mg mit Mittagessen; optional 100 mg vor schweren Unterkörpertagen | Gesamtvolumen/Woche; DOMS‑Skala | 3RM Kniebeuge/Bank oder AMRAP bei Fixlast |
Feierabend‑Athlet (Schreibtisch + Abendsport) | 100–200 mg zur Hauptmahlzeit | Tagesenergie 10:00/15:00/Post‑Workout (1–10) | Adhärenz + subjektive Spätnachmittags‑Energie |
Wie wähle ich ein gutes CoQ10 in Deutschland?
Label‑Checkliste
- Klare Dosis pro Softgel (z. B. 100 mg), Form (Ubichinon/Ubichinol)
- Ölbasierte Abgabeform; GMP/ISO‑Zertifikate; Chargen‑/Lot‑Nummer
- Unabhängige Tests, für Wettkämpfe idealerweise Siegel (z. B. Informed Sport)
Typische Fallstricke vermeiden
- „Proprietary Blends“ mit Mini‑Dosen CoQ10
- „Wunderversprechen“ (in der EU unzulässig), trockene Tabletten ohne Fettmatrix
- Megadosen ohne klaren Zweck oder Monitoring
Nachhaltigkeit & Präferenzen
- Vegane Softgels, möglichst wenige Zusatzstoffe
- EU‑Herstellung oder renommierter Rohstoff (z. B. japanische Fermentation)
Tipp: Eine kuratierte Auswahl ergänzender Produkte rund um Langlebigkeit finden Sie in unserer Longevity‑Kollektion.
Messen, was zählt: Ihr 8‑Wochen‑N‑of‑1
Wöchentlich: gleiche Einheiten, gleiches Timing; 1x Notizfeld zu Nebenwirkungen.
Woche 8: Benchmarks wiederholen → weiterführen, Dosis anpassen oder beenden.
Halten Sie Training und Alltag konstant, ändern Sie nur CoQ10. Nach 8 Wochen anhand objektiver und subjektiver Marker entscheiden.
Risiken, Mythen und EU/DE‑Compliance
Mythen vs. Fakten
- „CoQ10 ist ein Stimulans.“ – Nein. Es unterstützt mitochondriale Prozesse; der Effekt baut sich über 2–4 Wochen auf.
- „Wirkt bei allen.“ – Individuelle Unterschiede; Ausgangsstatus, Dosis, Formulierung und Training bestimmen die Antwort.
Rechtliches (Deutschland/EU)
- CoQ10 ist ein Nahrungsergänzungsmittel. Gesundheits‑/Krankheits‑Claims sind streng reguliert (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006; EFSA). Für CoQ10 wurden beantragte gesundheitsbezogene Angaben (u. a. „Ausdauerleistung“) nicht autorisiert (EFSA‑Gutachten zu CoQ10‑Claims; EU‑Register).
- BfR: Keine allgemeine Zufuhr‑Empfehlung; empfindliche Gruppen (Schwangerschaft/Stillzeit, Kinder/Jugendliche) vorsichtig; Interaktionshinweise ab >100 mg/Tag beachten (BfR‑FAQ CoQ10).
Nahrungsergänzungsmittel sind kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung und eine gesunde Lebensweise. Lassen Sie sich von Ärztin/Arzt oder Apotheke beraten – insbesondere bei Medikamenten (z. B. Antikoagulanzien, Blutdruck‑/Diabetes‑Therapie) oder chronischen Erkrankungen.
FAQ
Verbessert CoQ10 VO2max oder Leistung? Die Effekte sind klein und inkonsistent; am häufigsten zeigen sich bessere Erholungsmarker (CK/LDH). Einzelne Studien berichten kleine Leistungsgewinne in Power‑Tests.
Ubichinon vs. Ubichinol – was kaufen? Beides kann funktionieren. Achten Sie auf Dosis (≥100 mg), Öl‑Softgel/solubilisierte Form und Qualitätssiegel statt nur auf die Bezeichnung.
Wann spürt man etwas? Realistisch 2–4 Wochen; bewerten Sie nach 8–12 Wochen anhand objektiver Marker.
Mit Kaffee oder Kreatin kombinieren? Ja. Für die Aufnahme CoQ10 stets mit Fett einnehmen.
Mit Statinen sicher? Häufig eingesetzt, aber Studien zu Muskelsymptomen sind gemischt. Unbedingt mit der behandelnden Ärztin/dem Arzt abstimmen.
Im Wettkampf erlaubt? Ja. CoQ10 steht nicht auf der WADA‑Verbotsliste 2025. Für Athleten: chargengetestete Produkte bevorzugen.
Fazit
CoQ10 ersetzt kein kluges Training, keinen Schlaf und keine Basisernährung – kann aber ein gezielter Hebel sein, um Erholung und Belastungsverträglichkeit zu verbessern, besonders bei Älteren, hoher Trainingsdichte oder niedrigem Ausgangsstatus. Testen Sie strukturiert über 8–12 Wochen, messen Sie harte und weiche Marker – und entscheiden Sie dann nüchtern.